Viele Straßennamen in Bremen stammen noch aus dem Mittelalter und wurden wie in anderen Städten nach dem ansässigen Handwerk oder nach besonderen landschaftlichen Begebenheiten benannt. Doch hin und wieder gibt es Straßenbezeichnungen, die sich nicht darauf zurückführen lassen und mehr als kurios sind. Woher kommen diese Straßennamen? Wir versuchen die Hintergründe der ungewöhnlichsten und interessantesten Straßennamen in Bremen und Bremerhaven aufzuklären.
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1. Am Dobben
Die Straße hat ihren Namen von dem ehemaligen Gewässer Dobben, welches 1,3 km lang war und sich bis 1864 in der Nähe befand. Dann wurde es bei der Erschließung der östlichen Vorstadt als Wohngebiet zugeschüttet.
2. Bischofsnadel
Nadel kommt vom alten Wort Natal, was so viel wie Pforte bedeutet. Das acus episcopi (Bischofsnadel) war zu früheren Zeiten eines der nördlichen Stadttore Bremens, das als Durchgang für die Bewohnenden des Dombezirks galt.
Übrigens: Mehr über die Geschichte und Position der Stadttore Bremens erfahren Sie in unserem Artikel über die Bremer Wallanlagen.
3. Brummkoben
Bei dieser Bremer Straße gibt es zwei Herleitungen. Erstens: Brummkoben soll vom Plattdeutschen Wort Koben abstammen, was Schweinestall bedeutet. Demnach standen neben der Straße Ställe, aus denen das Brummen der Schweine zu hören war. Zweitens: Damit wurden dicht an der Straße liegende, kleine Mietwohnungen bezeichnet wurden. Der Begriff könnte vom germanischen Wort kubōn abstammen, was kleines Zimmer/Hütte bedeutet. Eventuell konnte man von der Straße aus die Menschen in den Zimmern brummen, also schnarchen hören.
4. Böttcherstraße
Die Böttcherstraße hat eine langreichende Geschichte und war früher die Straße der Böttcher, Kimker und Fasshersteller. Dort waren also Handwerker ansässig, die Gefäße und Behälter herstellten.
5. Contrescarpe
Die Contrescarpe verläuft entlang der Bremer Wallanlagen um die Bremer Altstadt. Contrescarpe bezeichnet die äußere Mauer oder Böschung eines Stadtgrabens.
6. Domsheide
Die Domsheide ist ein bekannter Ort, nahe des Stadtzentrums in Bremen und ein wichtiger Umsteigeplatz für Busse und Straßenbahnen der BSAG. Da sie früher noch grün bewachsen war, sprach man auch von der Heide am Dom oder der Domsheide.
7. Fangturm
Der Straßenname Fangturm geht – wie die Bischofsnadel auch – auf die Bremer Altstadt und die alte Stadtmauer zurück. Der Eckturm war Teil der damaligen Mauer und in ihm wurden gefangene Missetäter verwahrt.
8. Fedelhören
So wie Am Dobben bezieht sich auch die angrenzende Straße Fedelhören auf ein Gewässer. Damals gab es einen kleinen Wasserlauf, die Widel. Es lässt sich annehmen, dass Fedel wohl eine verkümmerte Version von Widel ist. Der zweite Teil hören stammt vom niederdeutschen Wort Horn(e), was Ecke bedeutet. Dies bezieht sich vermutlich auf den unteren Teil der Straße, der noch heute eine kleine Kurve schlägt, also um die Ecke läuft.
9. Fleetrade
Fleetrade ist eine Straße in Bremen-Hastedt, wo die Linie 3 entlangfährt. Sie ist benannt nach einem alten Wasserlauf. Fleet bedeutet „Wasserlauf“ und trade ist die niederdeutsche Silbe für „Weg“, also der Wasserlaufweg.
10. Glockengang
Dieser Bremer Straßenname hängt mit dem Aberglauben zusammen, dass Gewitter und Stürme gottlose Dämonen waren, die nur durch das Läuten von Glocken besiegt werden konnten. Im Mittelalter wurde mutigen Männern die Aufgabe zuteil, bei jeglichem Sturmwetter von den Kirchtürmen aus eine Glocke erklingen zu lassen. Die Glöckner wurden in Kirchennähe untergebracht, sodass schließlich der Glockengang entstanden ist.
11. Heimlichenstraße
Heimlichenstraße ist ein alter Schleichweg, der primär dann genutzt wurde, wenn die Pforten zur Schlachte (die heutigen Parallelstraßen) geschlossen waren. Dies war meist in der Nacht der Fall, sodass im Dunkeln durch die Heimlichenstraße geschlichen wurde.
12. Helenenstraße
Die Helenenstraße ist auf die Bremerin Helene Engelken zurückzuführen. 1873 sollte ihr Grundstück verkauft werden, um eine Durchgangsstraße zu schaffen. Die Bremerin hingegen hatte kein Interesse daran, ihr Grundstück zu verkaufen und blieb standhaft, sodass sie Namensgeberin für die Straße im Bremer Viertel wurde, die noch immer eine Sackgasse ist.
13. Herrlichkeit
Die Straße Herrlichkeit geht von der Wilhelm-Kaisen-Brücke ab und liegt auf dem Stadtwerder. Die Herkunft ist nicht ganz klar, es wird aber angenommen, dass dieser Bezirk den Männern, sprich den Herren, vorbehalten war, woraus sich der Name Herrlichkeit ergab. Eventuell wurde dieser Bremer Straßenname scherzhaft oder sarkastisch eingeführt.
14. Hutfilterstraße
Diese Straße in der Bremer Innenstadt ist mit der Obernstraße verbunden und bildet einen Teil der Fußgängerzone in der Bremer Altstadt. 1455 wird sie erstmals als Hotfilterstrate erwähnt, was sich von den Hutfilzern ableiten lässt. Somit erinnert die Straße an die Hutmacher, die damals Hüte aus Filz herstellten.
15. Lauschergang
An diesem Weg gab es lange ein Gasthaus, in dem regelmäßig gefeiert wurde. Alle Menschen, die nicht eingeladen oder zu jung waren, standen dann draußen und lauschten der Musik.
16. Lichtblickstraße
Die Lichtblickstraße heißt so, weil dort eine Siedlung für verwundete Menschen errichtet wurde, denen nach der schweren Zeit Hoffnung gemacht werden sollte.
17. Marterburg
Die Marterburg im berühmten Bremer Schnoorviertel leitet sich von Mattenburg ab. Das war der Ort, wo die Müller ihr Mehl in sogenannten Matten ablieferten und lagerten.
18. Papagoyenboom
Papagoyenboom ist Plattdeutsch, bedeutet übersetzt Papageienbaum und hat eine interessante Hintergrundgeschichte: Die Bremer Schützenkompanie zog nach jedem dritten Pfingsttag zum Schießplatz, um ihre Schießkünste unter Beweis zu stellen. Bevor später auf Büchsen und Zielscheiben geschossen wurde, schoss die Schützenkompanie noch mit Armbrust auf einen „Vogel“, der sich an der Spitze eines hohen Mastes befand. Dieser Vogel ähnelte einem Papageien, sodass der Mast auch Papageienbaum genannt wurde. Wer es als erstes schaffte, den Vogel abzuschießen wurde zum „Schützenkönig“ gekürt, erhielt eine neue Muskete, einen silbernen Becher und war ein Jahr lang von allen Abgaben sowie Bürgerarbeiten befreit.
19. Schlachte
Der Name Schlachte kommt nicht vom Schlachten, sondern leitet sich vom mittelniederdeutschen slait für schlagen ab. Dieser Straßenname Bremens entstand also, weil dort Pfähle zur Ufersicherung und Schiffsbefestigung eingeschlagen wurden.
20. Schüsselkorb
Früher Scottelkorf genannt war dies die Bezeichnung für die Straße und ein Haus in der Straße. Eine Theorie ist, dass in diesem Haus Schüsseln hergestellt wurden, woraus sich der Schüsselkorb ergab. Einer anderen Theorie nach kommt der Straßenname vom Korf (Korb), was früher eine ähnliche Bedeutung wie Pferch hatte und auf einen Ort für zusammengepferchtes Vieh hinweist.
21. Sielwall
Der Osterdeich war damals wohl nicht wie heute ein zusammenhängender Deich, sondern bestand aus einzelnen Deichabschnitten. Die Straße Sielwall wurde nach dem Wesersiel, welches den Übergang vom Punkendeich zum Eisenradsdeich bezeichnete, benannt.
Übrigens: Ein Siel ist ein verschließbarer Gewässerdurchlass – ähnlich wie eine Schleuse – in einem Deich.
22. Sorgenfrei
Die Straße Sorgenfrei ist eine kleine Straße, die von Am Schwarzen Meer abgeht und die es seit ca. 1861 gibt. Damals war es für einfache Leute ungewöhnlich, ein Haus zu besitzen. Doch ein Mann in der Straße wohnte in einem Haus, das ihm gehörte. So musste er sich laut den Anwohnerinnen und Anwohnern* niemals Gedanken machen und konnte ein sorgenfreies Leben führen.
23. Sögestraße
Das Wort Söge ist Plattdeutsch und steht für Säue. Im Mittelalter lebten im Bereich der Sögestraße viele Bauern mit ihren Schweinen, wodurch der Name zustande kam. Die Schweine sowie andere Tiere wurden damals durch das Herdentor auf die alte Bürgerweide getrieben. Heutzutage erinnert eine Bronzestatue mit einem Bauern und Schweinen am Fuße Straße an diese Zeit. Auch die Knochenhauerstraße in unmittelbarer Nähe deutet auf die Vergangenheit der Bremer Straße hin. Dort lebten früher die Schlachter.
24. Stintbrücke
Die Stintbrücke in der Bremer Altstadt geht vom Marktplatz ab und half den damaligen Menschen beim Überqueren der Balge, einem alten Seitenarm der Weser, der damals dort entlangfloss. Das Wort „Stint“ kommt von den Fischerbooten, die hier im Mittelalter u. a. häufig den Stint – einen beliebten Speisefisch – fingen.
25. Use Akschen
Use Akschen ist Plattdeutsch für Unsere Aktien bzw. Unsere Aktiengesellschaft. So nannten die damaligen Werftmitarbeiter die frühere Werft der AG Weser in Walle. Als die Werft 1984 geschlossen wurde, sollte die Straße erst Stapelfeldstraße genannt werden – doch dagegen formte sich ein Protest, der die Straßennamensänderung erfolgreich verhinderte.
26. Wüstestätte
Die Bezeichnung für diese Straße ist vermutlich im Jahre 1659 entstanden, als ein schweres Feuer das Gebiet um diese Bremer Straße verwüstete.
1. Am Knie
Diese Bremerhavener Straße wurde 1875 neu gebaut und hieß zuerst Ankerstraße. 1938 wurde sie dann umbenannt, und weil die Straße einen kleinen Knick macht, entstand der Name Am Knie.
2. Batteriestraße
Als Batterie wurden auch früher militärische Einheiten wie Geschütze der Artillerie bezeichnet. Als die Straße 1870 als Zufahrtsstraße zu den Weserforts Brinkamahof ausgebaut wurde, wurde sie in Batteriestraße umbenannt.
3. Fünfmeterweg
Die Herkunft des Fünfmeterwegs ist recht simpel: Als die Straße 1921 als Teil des Fischereihafens entstanden ist, war sie schlicht nur 5 Meter breit.
4. Pferdebade
Die Pferdebade war früher womöglich ein Pfad für Pferde. Es wird angenommen, dass sich der Wortbestandteil bade mit Pfad übersetzen lässt.
Die Grundlage für die Straßennamen in Bremen und deren Entstehung bildet der Beiratsbeschluss. Er schlägt einen Straßennamen vor und der Vorschlag wird dann dem Bremer Amt für Straßen und Verkehr (ASV) vorgelegt.
Das ASV leitet den Vorschlag an das Staatsarchiv weiter, die überprüfen, ob irgendetwas gegen die Namensgebung spricht. Wenn der Name überprüft worden ist, geht er in die Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung, bevor der neue Bremer Straßenname mit einem Senatsbeschluss final festgelegt wird.
Übrigens: Soll eine neue Straße nach einer historischen Persönlichkeit benannt werden, werden Frauennamen und plattdeutsche Namen bevorzugt.
Die Straßennamen in Bremen und Bremerhaven sind oft Relikte, die interessante Geschichten, Veränderungen der Sprache oder Erinnerungen an alte Orte offenbaren. So gibt es in Bremen auch viele Straßen mit dem Wort „Moor“, die wohl an die Hoch- und Niedermoore der Landschaft geknüpft sind. Mehr über Moore gibt es in unserem Magazin.
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