Früher garantierten sie die Sicherheit der Stadt und schützten vor Angriffen, heute sind sie ein Erholungsort für die Menschen in Bremen: die Bremer Wallanlagen. Die Geschichte der zickzackförmigen Wallanlagen erstreckt sich über mehrere hundert Jahre. Sie erinnern an das frühere Leben und den alten Stadtkern und sind ein bedeutender Teil von Bremens Geschichte. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Hintergründe der Bremer Wallanlagen und die Sehenswürdigkeiten der Anlage.
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Im Mittelalter war die heutige Bremer Altstadt – in der sich u.a. die Böttcherstraße und das Schnoorviertel befinden – von der Stadtmauer umschlossen. Die Stadtmauer war eine mit Waffen bestückte Bastion und zusätzlich vom Stadtgraben umzogen, sodass Bremen besser gegen Angriffe geschützt war. Weiterhin konnte durch die Stadttore kontrolliert werden, wer eintrat und wer nicht.
Bis ca. 1300 stand zusätzlich eine Mauer zwischen Altstadt und Stephaniviertel, da dieses damals noch nicht zur Stadt gehörte. Die innere Mauer wurde erst Jahrhunderte später abgerissen, sodass Altstadt und Stephaniviertel nur durch das Tor „Natel“ miteinander verbunden waren. Als das Stephaniviertel bei der Ausbreitung nach Westen schlussendlich vollständig mit einbezogen und eine zweite Mauer im Westen errichtet wurde, wurden die Wallanlagen erweitert. Ebenso kamen weitere Stadttore dazu.
Schließlich wurde die Stadtmauer 1802-1811 – teilweise mitsamt der Stadttore – abgebaut und zu einem Englischen Landschaftsgarten umgestaltet. So entstanden die Straßen Am Wall und Altenwall, die noch heute zwischen dem Bremer Wall und der Altstadt entlangführen. Der frühere Sicherheitswall wurde somit eine Grünanlage und ein Ort der Erholung, Entspannung und Kultur.
Tipp: Bremer Kultur lässt sich in den Wallanlagen z.B. beim jährlich stattfindenden La Strada hautnah erleben.
Die Bremer Stadtbefestigung umfasste mehrere Stadttore, die im Laufe der Geschichte für den Zugang zur Stadt von entscheidender Bedeutung waren. Sie spielten eine entscheidende Rolle in der Verteidigung und im Handel. Nachfolgend sind die alten Bremer Stadttore, beginnend mit der inneren Mauer, nördlich (N), östlich (O), südlich (S) und westlich (W) vom damaligen Stadtzentrum aus angeordnet:
1. Erste, innere Stadtmauer
Ansgariitor (N): Dieses Tor war auch als Schuldturm der Stadt bekannt. Ein Schuldturm war ein Sondergefängnis für Menschen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen konnten.
Herdentor (N): Im Norden gelegen diente es als Weg für Viehherden zur Bremer Bürgerweide. Die Schweine, die zum Bremer Herdentor geführt wurden, kamen meist über die heutige Sögestraße, die daher ihren Namen hat (Sau = Söge). Es wurde auch porta gregium („Tor der Herden“) genannt.
Ostertor (O): Das Ostertor befand sich im Osten und trägt daher auch diesen Namen: Ost(er)tor. Teil des Ostertors war der Ostertorzwinger, der als Gefängnis diente und gleichzeitig der kleinste der drei Pulvertürme der Stadt war.
Brückentor (S): Im Süden gelegen, auch brughedor genannt, verband es mit der Weserbrücke den Teerhof mit dem Rest der Stadt.
Fischertor (S): Ein Durchgang zur Bremer Schlachte neben der heutigen St. Martini Kirche, damals bekannt als porta piscatoria („zu den Fischern gehöriges Tor“).
Bischofstor (Zentrum): Das Bischofstor war ein Durchgang für die Bewohnenden des Dombezirks. Damals wurde es wie heute auch Bischofsnadel genannt und bezeichnet den kleinen Durchlass in der Gebäudereihe an der Straße Am Wall in Bremen.
Natel (W): Das westliche Tor des inneren Mauerrings bildete den Übergang vom Stadtkern zum Stephaniviertel, welches später erst Teil der Stadt wurde. Es blieb lange bestehen, da die äußere Mauer, die später um das Stephaniviertel gezogen wurde, zuerst nicht ganz vollständig war. Das Natel wurde wohl erst im 16. oder 17. Jahrhundert abgerissen, als die neue Westmauer komplett geschlossen war.
Übrigens: Natel ist die Kurzform für „Nadelöhr“ und eine Bezeichnung für enge Mauerdurchlässe. Vermutlich kommt daher auch der Name für die Bremer Bischofsnadel.
2. Stadttore nach Eingliederung des Stephaniviertels
Abbentor (N): Das porta Abonis stand in der neuen Stephanimauer nahe dem Anschluss an die alte Stadtmauer der Wallanlagen im Norden.
Doventor (NW): Das Doventor entstand mit der Einbeziehung des Stephaniviertels und erhielt seinen Namen („taubes Tor“) aufgrund des fehlenden direkten Anschlusses an die Hauptverkehrswege. Heute erinnern noch das Stadtteilquartier Doventor, die Doventorstraße sowie der Doventorsteinweg und der Doventorsdeich an das historische Bremer Stadttor.
Stephanitor (W): Im Westen gelegen entstand es mit der Ummauerung des Stephaniviertels. Südwestlich davon stand als Mauerende am Weserufer der Fangturm.
3. Stadttore nach Ausbau der Neustadt
Das Befestigungssystem wurde 1600 auf der linken Weserseite ausgebaut, sodass südlich des Stadtzentrums zwei neue Tore entstanden: das Hohentor und das Buntentor.
Hohentor (S): Südlich des Stadtzentrums im Westen der Neustadt entstanden trug es ebenfalls die Namen Westertor und Delmenhorster Tor. Die Straße Am Hohentorsplatz, der Hohentorsplatz, der Hohentorspark sowie der gleichnamige Ortsteil erinnern noch immer an das damalige Stadttor.
Buntentor (S): Dieses Tor gehörte auch zur Neustadter Befestigungsanlage und hieß zu der Zeit Südertor. Der Ortsteil Buntentor und der Buntentorsteinweg, der Richtung Schnürschuhtheater und Werdersee führt, sind Artefakte des ehemaligen Stadttores der Neustadt.
1. Mühle am Wall
Die Wallmühle in Bremen hat viele Namen. So wird sie auch Herdentorsmühle, Herdentorswallmühle, Ansgaritorsmühle oder einfach Mühle am Bremer Wall genannt. Im August 2023 fügte sich ein weiterer Name in die Namensliste ein: „Beck’s Mühle“. Die Namen mit Herden- und Ansgaritor erinnern offensichtlich an die früheren Stadttore.
Die Bremer Mühle war bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts eine von insgesamt sechs Windmühlen in den Bremer Wallanlagen und versorgte die Bevölkerung mit Mehl aller Art. Durch einen schweren Brand Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie teilweise zerstört. Die Wallmühle wurde aber restauriert und mahlte noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts Getreide. Seit einigen Jahrzehnten ist in der Mühle am Wall ein Restaurant.
2. Theatergarten Bremen
Der terrassenförmige Theatergarten liegt auf dem Gelände des ehemaligen Bremer Stadttheaters, das 1843 erbaut wurde. Nach seiner Zerstörung 1944 wurde das Theater nicht wieder aufgebaut. Stattdessen eröffnete 1966 der Bremer Theatergarten als Erinnerung an das einstige Theater. Entlang der gepflasterten Wege sind Texttafeln eingelassen, die die Geschichte des Stadttheaters und des Parks dokumentieren. Im Jahr 1968 wurde die Skulptur „liegende Ägina“ des Künstlers Gerhard Marcks im Park aufgestellt.
3. Wilhelm-Kaisen-Denkmal
Das Kaisen-Denkmal im Kastanienwäldchen an der Kreuzung Am Wall und Herdentor erinnert an den ehemaligen Journalisten und SPD-Politiker Wilhelm Kaisen. Er prägte u. a. den politischen und wirtschaftlichen Aufschwung der Bremer Hansestadt und gilt als Symbol für den Wiederaufbau. Er wurde insgesamt sechs Mal als Bürgermeister gewählt. Das Denkmal wurde am 22. Mai 2012 zu seinem 125. Geburtstag aufgestellt.
4. Heinrich-Heine-Denkmal
Das Heinrich-Heine-Denkmal wurde am 1. Oktober 2010 neben der Bremer Kunsthalle aufgestellt. Es stammt vom Berliner Bildhauer Waldemar Grzimek, der 1955 drei Fassungen von Heine-Denkmälern kreierte, die in Ludwigsfelde und Berlin stehen. Der vierte Abguss in Bremen zeigt den deutschen Dichter, Schriftsteller und Journalisten Heinrich Heine sitzend auf einem 1,20 m hohen Sandsteinsockel.
Übrigens: In Bremen gibt es noch mehr Denkmäler, die an bekannte Persönlichkeiten erinnern. Speziell für Heinrich-Heine gibt es noch die Heine-Bank im Bremer Bürgerpark.
Weitere Sehenswürdigkeiten der Wallanlagen:
Neben den Wallanlagen (Altstadtswallanlagen) waren auch die Neustadtswallanlagen Teil der alten Bremer Stadtbefestigung. Sie entstanden im 17. Jahrhundert als Teil der neuen Stadtbefestigung im Süden von Bremen. Nachdem sie ab 1805 entfestigt wurden, waren sie vorwiegend als reserviertes Bauland geplant. Außerdem wurden ab 1815 zunehmend Flächen für Gebäude und Verkehrswege genutzt, was die ursprüngliche Grünfläche weiter einschränkte.
Erst spät wurde der Wert der Grünanlage erkannt, als 1952 der Hohentorspark fertiggestellt wurde. Ab 1998 wurden die Neustadtswallanlagen in Bremen umfangreich saniert, um die Parkqualität zu verbessern. Die Neugestaltung schuf großzügige Freiräume, Sportplätze, Spielplätze, Skulpturen und weitere attraktive Freizeitmöglichkeiten, wodurch der Park immer mehr von den Menschen angenommen wurde.
Übrigens: In den Neustadtswallanlagen findet jedes Jahr auch das Bremer Musikfest SummerSounds statt.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.