Eine Hansestadt ist eine Stadt, die zu dem Bund der Hanse gehörte, die sich ab dem 12. Jahrhundert in Nordeuropa bildete und im 17. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung verlor. Oft, aber nicht immer, waren diese Städte Hafenstädte. Menschen aus Hansestädten wie z.B. Bremen, Hamburg oder Lübeck werden heute noch als Hanseatinnen und Hanseaten* bezeichnet, was auf die Hansezeit zurückzuführen ist. Die wichtigste Hansestadt Deutschlands und später auch Nordeuropas war Lübeck, die Geburtsstadt der Hanse. Doch was genau war die Hanse eigentlich? Alles Wissenswerte über die Hanse und ihre Bedeutung erfahren Sie in diesem Artikel.
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Die Hanse – hin und wieder auch „Deutsche Hanse“ – war ein Zusammenschluss als Handelsbündnis von nordeuropäischen Kaufleuten: den Hansen. Mehr als 400 Jahre lang prägten sie den Handel, die Wirtschaft und auch die Politik in Nordeuropa. Sie verfolgten gemeinsame Interessen und genossen aufgrund ihres enormen Einflusses unter anderem niedrigere Zollabgaben für Waren.
Doch ursprünglich wollte die Hanse nur ihre Mitglieder und Waren bei Überfahrten in andere Länder vor Überfällen durch Piraten schützen. Dafür begannen sie in Fahrtgemeinschaften über See und Land zu reisen und so ein weniger leichtes Ziel für Seeräuber zu sein. In den Hansestädten wurden Kontore errichtet, wo die Hansen bei Bedarf Zuflucht fanden und sicher handeln konnten.
12. Jahrhundert – die Entstehung der Hanse
Ein genaues Gründungsdatum für die Hanse gibt es nicht, aber die bestehenden Gemeinschaften der Nord- und Ostseehändler, blutige Auseinandersetzungen in Visby zwischen gotischen und deutschen Händlern sowie die Neugründung Lübecks im Jahre 1143 legten den Grundstein für die Geschichte der Hanse. Die strategische Lage der Stadt ermöglichte den regen Handel mit an der Ostsee angrenzenden Ländern bis hin zu Nordrussland. Das heutige „Tor zum Norden“ war damals als „Mutter“ bzw. „Königin der Hanse“ bekannt und stieg schnell zur wichtigsten Stadt im Hansebund auf.
13. Jahrhundert – die Hansekontore
Während der Hansebund zwischen Lübeck und Hamburg den Anfang machte, kamen schnell immer mehr Städte in der Nord- und Ostsee-Region dazu. Hierzu gehörte auch die Hansestadt Bremen, die sich stark im Handel auf der Nord-Süd-Route betätigte. Waren wurden meist per Hansekogge transportiert, aber der Einflussbereich der Hanse beschränkte sich nicht nur auf Küstenstädte. In den wichtigsten Städten wurden Hansekontore wie z.B. der Steelyard (Stalhof) in London errichtet. Sie fungierten als Lagermöglichkeit, Handelsraum und Unterkunft für die Mitglieder der Hanse in ausländischen Städten – ähnlich wie eine Botschaft. Häufig hatten die Hansen Exklusivrechte für bestimmte Waren, wodurch ihre wirtschaftliche Macht weiter zunahm.
14. Jahrhundert – der Hansetag & die Hochzeit der Hanse
1356 wurde für Verhandlungen der erste Hansetag (auch: Tagfahrt) in Lübeck abgehalten, der oft auch als offizielles Gründungsdatum der Hanse gilt. Der Hansetag war ein Beschlussgremium, welches meistens in Lübeck stattfand, wo Vertreter der Hansestädte versuchten ihre Interessen durchzusetzen. Oft waren es zähe und langwierige Diskussionen, da zur Hochzeit der Hanse um die 300 Städte Teil des Hansebundes waren. Die enorme Machtposition der Hanse in Nordeuropa war unumstritten und ihr Einflussbereich erstreckte sich in viele Städte: London, Brügge, Reval und Nowgorod zählten neben Lübeck zu den wichtigsten Hansestädten Europas.
Durch die enorme Machtposition kam es auch immer wieder zu Verwicklungen in Politik und Kriegen wie z.B. der Kampf gegen die Vitalienbrüder, unter denen sich auch Klaus Störtebecker befand. Interessanterweise war die Hanse trotz ihrer Machtposition im Grunde nur ein Bündnis von Kaufleuten und hatte über all die Jahre keine offizielle Instanz.
15. & 16. Jahrhundert – neue Handelswege & erhöhte Konkurrenz
Die Macht der Nationalstaaten und ihrer Herrscher vergrößerte sich immer mehr, was die Hanse und ihre Privilegien stetig schmälerte. So wurde z.B. 1494 das Kontor in Nowgorod (Peterhof) geschlossen, wodurch sich der Handel im Osten vermehrt auf das Baltikum und weniger auf die Nord-Ostsee-Achse konzentrierte.
Hinzu kam die Erschließung der Seewege nach Amerika 1492 und nach Indien 1497 was zur Kolonialisierung und vermehrt zu transatlantischem und globalem Handel führte. Dies stärkte die Konkurrenz im Handel wie etwa die aufstrebenden Ost-Indien-Gesellschaften und schwächte die Bedeutung der Hanse nachhaltig. Weiterhin belasteten Verwicklungen in Kriege, interne Konflikte sowie technologischer Rückstand den Hansebund, was letztlich den Niedergang der Hanse einleitete.
17. Jahrhundert – der Untergang der Hanse
Der Untergang der Hanse kam schleichend über die Jahre. Während die Machtposition der Hanse bis zum Mittelalter unumstritten war, wurde sie in den Jahrhunderten danach langsam schwächer. 1669 wurde der letzte Hansetag in Lübeck mit Vertretern der letzten Städte der Hanse Lübeck, Hamburg, Bremen, Danzig, Rostock, Braunschweig, Osnabrück, Hildesheim und Köln abgehalten. Danach verwalteten Bremen, Hamburg und Lübeck noch die Kontoren in den anderen Ländern, bis 1920 in Berlin die Vertretung dieser Städte aufgelöst wurde. Auch wenn es erst 1920 offiziell vorbei war, wird der letzte Hansetag 1669 als Ende der Hanse gesehen.
Trotz des Untergangs der Hanse bleiben viele Spuren dieser Zeit bis heute erhalten. Viele Städte erinnern gerne an die Zeit der Hanse. Sei es der Zusatz „Hansestadt“ beim Städtenamen, das „H“ im Nummernschild, Vereine wie „Hansa Rostock“ oder Straßennamen – die Relikte von der Hansezeit sind besonders in den historischen Hansestädten noch deutlich sichtbar.
Auch die offiziellen Farben der Hanse Weiß und Rot lassen sich noch heute vielerorts sehen. So zum Beispiel auch die Flagge Bremens, die bei großen Events wie z.B. dem Bremer Freimarkt an Straßenbahnen und Masten weht.
Um den Geist der mittelalterlichen Hanse als Lebens- und Kulturgemeinschaft wieder aufleben zu lassen, hat sich 1980 in Zwolle der Städtebund DIE HANSE gegründet. Sie umfasst noch viel mehr Städte als die alte Hanse und sorgt regelmäßig für Verwirrung bei der Bezeichnung „Hansestadt“. Denn mittlerweile hat sie um die 200 Mitgliedsstädte in über 15 Ländern und offizielle Organe – anders als die ehemalige Hanse. DIE HANSE ist somit einer der größten Städtebünde der Welt. Präsident der neuen Hanse ist traditionell die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister* von Lübeck.
Übrigens: Auch die Hansetage wurden wieder mit aufgenommen. So fand vom 22. bis 25. Juni 2023 der 43. Internationale Hansetag unter dem Motto „Im Orbit der Städte“ in der polnischen Stadt Torun statt.
Die drei Städte Lübeck, Hamburg und Bremen behielten auch nach dem Niedergang der Hanse ihren Titel bei. Andere Städte durften in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 den offiziellen Zusatz „Hansestadt“ in Rückbesinnung an die Zeit der Hanse aufnehmen und passten teilweise auch ihr Kfz-Kennzeichen dementsprechend an:
1949: Hamburg (HH), Bremen (HB), Lübeck (HL)
1990: Rostock (HRO), Stralsund (HST), Wismar (HWI), Greifswald (HGW), Anklam
1994: Demmin
2007: Lüneburg
2008: Gardelegen, Salzwedel, Havelberg, Osterburg, Werben, Seehausen
2009: Stade
2010: Stendal
2012: Wipperfürth, Warburg, Attendorn, Breckerfeld, Medebach
2013: Korbach, Herford
2014: Buxtehude
2016: Uelzen
Übrigens: Diese Liste bezieht sich lediglich auf den offiziellen Zusatz im Städtenamen. Denn die Zahl der historischen deutschen Städte, die dem Hansebund angehörten, war zur Hochzeit der Hanse deutlich größer.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.