Es gibt unzählige Arten von Schleusen, doch eine der gängigsten ist die Kammerschleuse. Sie wird bei Kanälen eingesetzt, um Gewässer mit unterschiedlichem Wasserstand miteinander zu verbinden. Dabei hebt oder senkt sie in einem abgeschlossenen Becken das eingefahrene Wasserfahrzeug auf die gewünschte Höhe. So funktionieren Schleusen ähnlich wie ein Fahrstuhl für Schiffe und Boote. Hier erfahren Sie, wie ein Schleusenvorgang abläuft, welches die erste Schleuse war und welche Schleusen und Kanäle wahre Sehenswürdigkeiten sind.
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Der Ursprung des Wortes Schleuse geht auf das lateinische excludere („ausschließen“) zurück. Das deutsche Wort leitet sich vom mittellateinischen Wort sclusa („Wehr“) ab.
Schleuse im Englischen: lock/sluice gate
Schleuse im Französischen: écluse
Schleuse im Spanischen: esclusa
Schleuse im Niederländischen: sluis/sluizen (Plural)
Erste Schleuse
Die wahrscheinlich allererste Schleuse wurde unter der Leitung des Königs Ptolemaios II. Philadelphos ca. 280 v. Chr. erbaut. Sie lag am Ostende des Bubastis-Kanals, der die Verbindung zwischen Nil und Rotem Meer war.
Die erste Kanalschleuse wurde im 1. Jahrhundert von dem Chinesen Qiao Weiyu erfunden. Mit ihr ließ sich ein Höhenunterschied von bis zu 1,5 m überbrücken.
Schleusenaufsicht
Heutige Schleusen werden von der Schleusenaufsicht überwacht, doch früher wurde diese Arbeit von Schleusenwärterinnen und Schleusenwärtern* übernommen. Sie waren für Wartung, Reparatur und die teils händische Bedienung zuständig. So kam es, dass diese Menschen nicht selten auch direkt neben oder in den Schleusenanlagen wohnten, so wie es auch für die frühere Leuchtturmaufsicht bei Leuchttürmen üblich war.
Schleusen werden unter anderem bei Kanälen eingesetzt, um Gewässer verschiedener Höhen miteinander zu verbinden. Ein vollständiger Schleusenvorgang läuft wie folgt ab:
1. Erstes Schleusentor öffnet sich
Das erste Tor der Schleuse öffnet sich. Dabei entspricht der Wasserstand im Schleusenbecken dem des Gewässers, von dem aus das Schiff in die Schleuse einfährt.
2. Einfahrt ins Schleusenbecken
Das Schiff fährt vorsichtig in den Schleusenkanal bzw. das Schleusenbecken ein.
3. Sicherung des Schiffes
Ist das Schiff in dem Schleusenkanal, muss es fachgerecht festgemacht werden, um eine Kollision mit den Schleusenwänden zu verhindern. Häufig hat das Schiff nämlich nur wenige Zentimeter, um zu rangieren.
4. Erstes Schleusentor schließt sich wieder
Das erste Tor der Schleuse geht hinter dem Schiff wieder zu, sodass das Schiff jetzt in der geschlossenen Schleuse im Wasserbecken ist.
5. Wasserstand wird angepasst (angehoben/abgesenkt)
Jetzt kommt die essenzielle Funktion der Schleuse: Der Wasserstand innerhalb des Schleusenbeckens wird angepasst. Ist das Zielgewässer höher gelegen, so wird Wasser aus dem Zielgewässer in das Schleusenbecken gepumpt – der Wasserstand in der Schleuse steigt.
Ist das Zielgewässer niedriger gelegen, so wird Wasser aus dem Schleusenbecken in das Zielgewässer gepumpt – der Wasserstand in der Schleuse sinkt. Der jeweilige Prozess wird so lange wiederholt, bis im Schleusenbecken die gewünschte Wasserstandshöhe erreicht ist.
6. Zweites Schleusentor öffnet sich
Ist der Wasserstand innerhalb der Schleuse auf einer Höhe mit dem Wasserstand des Zielgewässers, öffnet sich das zweite Schleusentor.
7. Fortsetzung der Fahrt
Jetzt kann das Schiff aus dem Schleusenkanal herausfahren und seine Fahrt fortsetzen. Der Schleusenvorgang ist abgeschlossen.
1. Miraflores-Schleusen im Panama-Kanal
Der Panama-Kanal zählt zu den berühmtesten Wasserstraßen der Welt. Der ca. 80-km-lange Kanal wurde 1914 eröffnet und verknüpft mit nur drei Schleusenanlagen den Atlantik mit dem Pazifik. Er ist eine Abkürzung durch das Festland Panamas und vermeidet den Umweg an Südamerikas Kap Hoorn vorbei. Die dortigen Miraflores-Schleusen sind einzigartig, weil sie nicht wie bei normalen Kanalschleusen die Schiffe mit Schleppbooten, sondern mit speziellen Lokomotiven durch den Kanal ziehen und führen.
2. Seeschleuse IJmuiden in Amsterdam
An der Einmündung des Nordseekanals, mit Aussicht auf die Insel Fort, befindet sich die Seeschleuse IJmuiden. Diese Schleuse ist 500 Meter lang, 70 Meter breit und 18 Meter tief. Seit ihrer Eröffnung 2022 ist sie die größte Schleuse der Welt. Zuvor gehörte der Titel der Kieldrechtschleuse, einer Schleuse in Antwerpen, mit stolzen 68 Metern Breite.
Übrigens: Die höchste Schleuse der Welt erlaubt es Schiffen unglaubliche 60 Höhenmeter zu überwinden und ist Teil des DniproHES-Wasserkraftwerkes am Saporischja-Stausee. Sie wollen wissen, wie ein Wasserkraftwerk funktioniert? Dann haben wir den passenden Artikel für Sie!
3. Doppelschleuse „4. Einfahrt“ in Wilhelmshaven
Die Doppelschleuse in Wilhelmshaven ist die größte Schleuse Deutschlands. Die sogenannte „4. Einfahrt“ war lange Zeit sogar die zweitgrößte Schleuse der Welt. Sie hat zwei Schleusenkammern mit einer Länge von 390 Metern, ist 60 Meter breit und je nach Tide über 10 Meter tief. Ein Schleusentor dieser Seeschleuse wiegt stolze 1.700 Tonnen.
4. Doppelschleuse im Nord-Ostsee-Kanal
Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) wurde 1895 eröffnet und führt quer durch das Bundesland Schleswig-Holstein – von Kiel nach Brunsbüttel. Der fast 100 Kilometer lange Kanal gehört mit rund 30.000 Schiffen pro Jahr zu den meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt und spart ca. 500 Kilometer Seeweg ein. Der Kanal selbst ist spiegelgleich, hat also durchgängig den gleichen Wasserstand. Jedoch wird er an beiden Seiten durch Schleusen gegen den Tidenhub der Meere geschützt. Die Schleusen dienen hier also dazu, dass der Wasserstand innerhalb des Kanals nicht durch den Tidenhub von Nord- und Ostsee beeinflusst werden.
Übrigens: Schon die Wikinger umgingen die längere Route um Dänemark herum, indem sie von der Nordsee in die Treene führen und von dort aus nach Haithabu an der Schlei das Land zur Ostsee überquerten.
5. Göta-Kanal in Schweden
Der Göta-Kanal ist eine Wasserstraße, die sich von Göteborg bis hin zur Ostsee erstreckt. Der Kanal wird auch als „blaues Band Schwedens“ bezeichnet und verläuft unter anderem durch die Seen Vänern und Vättern. Auf einer Länge von 190 Kilometern befinden sich fast 60 Schleusen im Göta-Kanal. Besonders sehenswert ist die Schleusentreppe von Berg bei Linköping.
6. Neptune’s Staircase in Schottland
Die Neptun-Treppe nahe Fort William hat acht Schleusenkammern und ist die längste Schleusentreppe Großbritanniens, obwohl sie nur einen Höhenunterschied von ca. 20 Metern überbrückt. Dies liegt daran, dass die Schleusenanlage aus dem 19. Jahrhundert stammt, wo die Tore noch von Hand geöffnet und geschlossen werden mussten.
Übrigens: Einer der wichtigsten und bekanntesten Kanäle ist der Suez-Kanal in Ägypten, der das Mittelmeer und das Rote Meer verbindet und Schiffen den langen Seeweg um Afrika erspart. Er ist jedoch komplett schleusenlos.
Auch in Bremen und Bremerhaven finden sich Schleusen. In Bremerhaven sorgt die Dockschleuse „Neuer Hafen“ neben den Bremerhavener Havenwelten für eine reibungslose Ein- und Ausfahrt von Schiffen aus dem Hafen. In Bremen helfen die Weserschleusen in Hemelingen neben dem Weserwehr (mit Wasserkraftwerk) bei der Weiterfahrt der Schiffe auf der Weser.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.