Von kleinen Privatbetrieben bis hin zu weltweit agierenden Unternehmen: Kaffeeröstereien in Bremen sind ein essenzieller Bestandteil der Hansestadt. Neben der alltäglichen Kaffeekultur spielten und spielen der hiesige Im- und Export von Kaffee und Kaffeeprodukten für die gesamte Bundesrepublik eine entscheidende Rolle. Entsprechend darf sich Bremen mit Fug und Recht als Kaffeehauptstadt Deutschlands bezeichnen. Aber welche Kaffeeröstereien gibt es eigentlich in Bremen? Wieso war und ist die Stadt so wichtig für den Kaffeehandel? Und wo lässt es sich in Bremen richtig gut „kaffeesieren“? Die Antworten finden Sie hier!
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Bremen wird häufig als die Kaffeehauptstadt Deutschlands bezeichnet – und das zu recht! Fast jede zweite Kaffeebohne gelangt durch Bremen und Bremerhaven in die Bundesrepublik. Doch nicht nur für den Import spielt Bremen eine bedeutende Rolle, denn die Kaffeeröstereien in Bremen verarbeiten große Mengen des angelieferten Rohkaffees für Märkte weltweit weiter.
So hat Melitta in Bremen seine größte Rösterei mit mehr als einer halben Millionen täglich hergestellter Pakete und Aldi Nord produziert im nahen Weyhe den eigenen Kaffee. Einige der inzwischen dem Konzern JDE Peet’s zugehörigen Marken wie Jacobs, Kaffee HAG, Tassimo und Senseo haben bis heute ihren Hauptsitz in Bremen, Melitta hat hier die Europa-Zentrale.
Neben den Branchengiganten gibt es eine Vielfalt an Kaffeeröstereien in Bremen, welche die Kaffeekultur der Stadt entscheidend prägen.
1. Azul
In der Rösterei am Deich in der Bremer Neustadt wird bei Azul Kaffee mit Blick auf die Weser geröstet. Zu Azul gehört auch die Marke I∙O, die sich auf Kaffeespezialitäten nach italienischer Art fokussiert.
2. Bremer Kaffeegesellschaft
Auch die Bremer Kaffeegesellschaft sitzt an einem Ort mit Verbindung zur Kaffeegeschichte, der Böttcherstraße in Bremen. Neben Kaffeeraritäten werden hier auch eigene Spezialitäten unter dem Namen Büchlers Beste Bohne verkauft.
3. Cross Coffee
Zu den jüngeren Kaffeerösterein in Bremen zählt Cross Coffee. Neben nachhaltigem Specialty Coffee aus eigener Röstung fällt besonders das passend benannte Cross Over Sortiment auf. Dieses beinhaltet beispielsweise einen Espresso Gin und eine Coffee Caramel Creme.
4. Dieckmann
Wer selbst Kaffee rösten will, kann bei Dieckmann fündig werden. Neben dem eigenen Röstkaffee werden auch Rohkaffee und Mini-Röstautomaten angeboten.
5. Hemken Kaffee
Im Jahr 1951 wurde die Hemken Kaffeerösterei in Bremen gegründet, seit den 70er Jahren gibt es zudem ein Ladengeschäft, wo auch Tee verkauft wird. Der Rohkaffee wird dabei vor allem von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben bezogen. Die Erlöse unterschiedlicher Projektkaffees kommen darüber hinaus sozialen Projekten in den Ursprungsländern zugute.
6. Johann Jacobs Haus
Ohne Zweifel hat Jacobs Kaffee zu Bremens Ruf als Kaffeehauptstadt beigetragen, beispielsweise durch den „Jacobs Tower“. Heute gehört Jacobs zum Unternehmen JDE Peet’s mit Sitz in Amsterdam, aber im Johann Jacobs Haus wird weiterhin eine Spezialrösterei betrieben.
7. Lloyd Caffee
1930 wurde Lloyd Caffee in Bremen gegründet. Ursprünglich im Viertel ansässig gelangte die Rösterei über einige Umwege 2009 in ein Gebäude, das ebenfalls stark mit der Geschichtes des Kaffees in Bremen verbunden ist – dem Kaffee-HAG-Werk I. Bei einer Führung kann daher auch der denkmalgeschützte HAG-Marmorsaal besichtigt werden. Heute ist Lloyd Caffee die älteste Kaffeerösterei Bremens, die noch nach traditionellem Röstverfahren arbeitet.
8. Münchhausen Kaffee
Unter den Kaffeeröstereien in Bremen ist Münchhausen eine wahre Institution. Die seit über 85 Jahren bestehende Rösterei befindet sich dabei durchgehend in Familienhand. Im traditionellen Langzeitverfahren geröstete Münchhausen Kaffees können außerdem vielerorts in Bremen und in weiteren Gastronomiebetrieben und Fachgeschäften in Norddeutschland erworben werden.
9. Union Rösterei
Im Gebäude der Union Brauerei findet sich auch die Union Rösterei. Zwei Sorten Espresso sowie je eine Sorte Kaffee Creme und Filterkaffee werden dort im Dachgeschoss produziert.
10. Utamsi
Ebenfalls fairen und biologisch nachhaltigen Unternehmenspraktiken hat sich Utamsi verschrieben. Unter anderem bietet die Rösterei daher auch eine jährliche Reise zu den Anbaugebieten in Kamerun und Uganda an, aus denen der Rohkaffee bezogen wird. So können sich Interessierte über die Anbaubedingungen dieses Bremer Kaffees direkt vor Ort informieren.
Nicht nur wirtschaftlich genießt Kaffee aus Bremen eine hohe Bedeutung, auch aus dem Alltag der Bevölkerung ist er nicht wegzudenken. Kaffeesieren ist ein feststehender Begriff im Bremischen und bezeichnet allgemein gemütliches Kaffeetrinken, insbesondere in Gesellschaft und am besten noch mit passendem Gebäck. Aber wo lässt es sich besonders gut kaffeesieren? Und was gehört noch zur Kaffeekultur der Stadt?
1. Cafés zum Kaffeesieren
Bremen hat eine Vielzahl an gemütlichen Cafés zu bieten. Wer es traditionell mag, kann zum Beispiel die Konditorei Knigge oder das Kaffeehaus Classico in der Altstadt besuchen. Moderner, aber nicht weniger entspannt geht es in Cafés wie Juli liebt Kaffee im Viertel zu. In der Neustadt erfreuen sich unter anderem das Café Pour Pour und YellowBird Coffee großer Beliebtheit. Besonders nah an der Natur ist das Café Sand auf dem Stadtwerder sowie Emma am See im Bremer Bürgerpark. Aber auch sonst findet man fast überall in Bremen Cafés, die zum ausgiebigen Kaffeesieren einladen.
2. Besichtigungen & Schulungen
Wer sich für das Kaffeehandwerk interessiert, der hat eine breite Auswahl. So sind in den meisten Kaffeerösterein in Bremen Besichtigungen möglich. Auch bieten einige Schulungen sowohl für das Rösten als auch die professionelle Zubereitung von Kaffee an.
3. Stadtgeschichte & Museen
Zwar gibt es kein eigenes Kaffeemuseum in Bremen, aber durch die enge Verknüpfung der Stadt mit der Kaffeegeschichte finden sich für Interessierte vielerorts Spuren. Neben dem denkmalgeschützten Kaffee-HAG-Werk, geben die Böttchergasse und das dortige Ludwig-Roselius-Museum Einblicke in das Wirken und die Kunstsammlung einer der wichtigsten aber auch umstrittenen Figuren in der Geschichte des Bremer Kaffees. Im Focke-Museum kann unter den stadtgeschichtlichen Exponaten unter anderem Kaffeegeschirr aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert besichtigt werden.
Auch historisch betrachtet war Bremen beim Kaffee schon immer Vorreiter. Als das Heißgetränk im 16. und 17. Jahrhundert sich von Afrika aus zunächst im osmanischen Reich und dann nach und nach in Europa etablierte, war Bremen die erste Stadt im deutschsprachigen Raum, die ein Kaffeehaus eröffnete. Die Chronologie der Bremer Kaffeegeschichte stellt sich wie folgt dar:
1673: Der Niederländer Jan Jahns van Huisten eröffnet das erste Kaffeehaus in Bremen und damit das erste im gesamten deutschsprachigen Raum. Zu dieser Zeit wird zunächst die englische Schreibweise coffee für das Getränk benutzt.
1690: Der bis dahin nur in Afrika und im arabischen Raum angebaute Kaffee wird erstmals auch Versuchsweise in niederländischen Kolonien im heutigen Indonesien angebaut. Kaffee wird dadurch zur kolonialen Handelsware, die Niederlande genießen bald eine Vormachtsstellung im Kaffeehandel.
1697: Im Keller des Schütting entsteht ein weiteres frühes Café.
1718: Auch in mittlel- und südamerikanischen Kolonien wird nun erstmals Kaffee angebaut. Der Handel über den Seeweg wird immer bedeutender, als Hafen- und Hansestadt kommt dies Bremen zugute.
1730: Das Kaffeetrinken gilt zunehmend in ganz Deutschland als etabliert. Bohnenkaffee ist allerdings aufgrund der hohen Preise vor allem gut situierten Bevölkerrungsschichten vorbehalten, ein Großteil der Bevölkerung greift auf kaffeeähnliche Produkte zurück.
Bis 1800: Der Import und das Rösten von Kaffeebohnen ist meist staatlich geregelt und Privatpersonen verboten. Kaffeetrinken wird zum Ritual, zu besonderen Anlässen mit extra Kaffeegeschirr und echtem Bohnenkaffee. Die englische Schreibweise wird durch das französische café abgelöst.
Anfang-Ende 19. Jh.: Kaffee etabliert sich mehr und mehr und wird zu einem der weltweit wichtigsten Handelsgüter. Die Pflanze ist bald eine der häufigsten Kulturpflanzen in den Tropen und wird dort auf großen Plantagen angebaut. Währenddessen wird in Deutschland Kaffee immer mehr Teil des Alltags, die heutige deutsche Schreibweise Kaffee etabliert sich immer mehr.
1894: Carl Ronning gründet eine eigene Firma für den Import und das Rösten von Kaffeebohnen. Später unterhält er sogar eigene Kaffeeplantagen in Afrika.
1895: Johann Jacobs eröffnet ein Spezialgeschäft für Kaffee, Tee und Kakao am Domshof 18.
1906: Ludwig Roselius gründet in Bremen die Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft (Kaffee HAG). Im selben Jahr errichtet Kaffee HAG in Bremen die erste Kaffeefabrik Europas und stellt weltweit als erstes entkoffeinierten Kaffee her. 1907: Jacobs eröffnet eine eigene Kaffeerösterei in Bremen.
Frühe 1920er: Nachdem die Kaffeeproduktion durch den ersten Weltkrieg ins Stocken geriet, hat sie nun Hochkonjunktur. Bis zu 250 voneinander unabhängige Kaffeeröstereien in Bremen sind zu dieser Zeit aktiv. Eduard Schopf erkennt den Direktversand von Importprodukten wie auch Kaffee als Marktchance.
1924: Eduard Schopf gründet eine eigene Kaffeerösterei. Er zeichnet sich durch Kundenorientierung aus und liefert auch an entlegene Adressen. Bald nutzt er für seine Firma das Akronym EduScho.
1930: Lloyd Caffee wird gegründet.
1930er & 40er: In der NS-Zeit produzieren die großen Kaffeeunternehmen zunächst unter den damaligen Bedingungen weiter, mit Kriegsbeginn wird die Produktion zunehmend schwieriger. Viele Produktionsstätten werden schließlich zerstört.
1950er: Viele der Unternehmen gründen sich neu. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung floriert auch das Kaffeegeschäft wieder.
1966: Melitta übernimmt die Carl Ronning GmbH und damit auch deren Großrösterei.
1970er: Eduscho etabliert sich in den eigenen Ladengeschäften im deutschsprachigen Raum auch als Anbieter für Güter des täglichen Bedarfs.
In neueren Zeiten sind viele der größeren Kaffeefirmen in Bremen Teile von Unternehmensgruppen geworden. Viele haben aber weiterhin Produktions- und Firmenstandorte in Bremen.
1. Ursprünglich stammt Kaffee aus Äthiopien. Inzwischen wird er weltweit in tropischen und subtropischen Ländern angebaut, der Klimawandel droht allerdings vielerorts, den Anbau zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen.
2. Weltweit gehören 98 % des angebauten Kaffees zu den Sorten Arabica oder Robusta.
3. Kaffee gelangte durch arabische und osmanische Einflüsse nach Mittel- und Westeuropa.
4. Die erste Kaffeefabrik Europas wurde in Bremen für Kaffee HAG errichtet. Außerdem verkauften sie weltweit auch als erstes Unternehmen koffeinfreien Kaffee.
5. Deutschland ist nach den USA der weltweit zweitgrößte Importeur für Rohkaffee.
6. Deutschland ist der größte Exporteur für Kaffeeprodukte wie z.B. gerösteter Kaffee und andere Weiterverarbeitungen.
7. Täglich trinken die Menschen in Deutschland im Schnitt fast vier Tassen Kaffee pro Tag – mehr als Mineralwasser oder Bier.
8. Der größte Kaffeeproduzent weltweit ist Brasilien. Von dort ist der Rohkaffee per Schiff ca. 2 bis 3 Wochen nach Bremen unterwegs.
9. Der Wert des in Bremen importieren Rohkaffees betrug allein für das Jahr 2022 fast 2 Milliarden Euro.
10. In Bremen ist die Kaffeetradition sogar älter als in Wien (erstes Wiener Kaffeehaus 1685).
11. Besonders präsent ist der Einfluss des Kaffees in der Bremer Überseestadt und den dortigen Straßennamen: Am Kaffee-Quartier, Johann-Jacobs-Straße und Eduard-Schopf-Allee.
12. Auch der in Bremen geborene Musiker Nico Santos hat einen Bezug zum Kaffee. Sein Vater, der Schauspieler Egon Wellenbrink, erlangte als „Melitta-Mann“ deutschlandweite Berümtheit.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.