Wir feiern 170 Jahre swb! Am 23. September 1854 wurde der Grundstein für swb gelegt und zur Feier des Tages möchten wir Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit nehmen. In unserem zweiten Teil der Reihe möchten wir Ihnen die Geschichte von swb in Verbindung mit der Stromversorgung der Region näherbringen. Dabei zeigen wir exklusives Bildmaterial, erzählen spannende Anekdoten und nehmen Sie mit in eine frühere Lebensrealität. Viel Spaß beim Lesen!
Lesezeit: 4 Minuten
Inhalt:
Die internationale Elektrizitätsausstellung von 1881 in Paris entzündete den Funken, der die Glühbirne als Leuchtmittel verbreiten sollte. Vorher wurde noch „Leuchtgas“ genutzt, doch die Revolution der öffentlichen Beleuchtung durch die Glühbirne war unaufhaltsam. So kam sie 1886 auch nach Bremen.
Es wurde viel und hitzig diskutiert, wer die Stadt versorgen darf, ob es eine Zentralversorgung geben sollte, ob die Beleuchtung nur für die gehobene Schicht oder für alle zur Verfügung stünde etc. Auch weil viele die neue Technologie nicht vollumfänglich verstanden, zogen sich die Gespräche mehrere Jahre hin. Ebenso fürchteten die Menschen teilweise um ihre Arbeit, sofern Strom einen Teil der Gasindustrie ersetzen sollte. Das Ergebnis war ein privat betriebenes Elektrizitätswerk, weil ein elektrisches Netz als Luxus deklariert wurde – was es zu dieser Zeit auch war.
Tipp: Mehr über die Gasindustrie der Stadt erfahren Sie in unserem Teil 1: Gasversorgung.
Das erste Elektrizitätswerk in Bremen nahm am 01. Oktober 1893 den Betrieb auf. Auf der Schlachthofstraße gebaut wurden Lärm und Dreck des Kraftwerks aus der Altstadt ferngehalten. Die Nähe zum Bahnhof half bei der Lieferung von Kohle zum kommunalen Stromwerk.
Damals zahlten Kundinnen und Kunden* des Elektrizitätswerks für ein Jahr Strom stolze 500 Mark, was ca. einem halben Jahresgehalt eines Handelsangestellten entsprach. Denn Strom war damals Luxus und daher wurde im ersten Jahr Strom lediglich an 278 Gebäude geliefert, wovon nur etwa 20 % Privathaushalte waren.
Übrigens: Die Schlachthofstraße ist eine alte Straße, die es so nicht mehr gibt. Sie verlief nahe der Gustav-Deetjen-Allee. Für mehr über die Geschichte und die Herkunft von Bremer Straßennamen können wir Ihnen unseren Magazin-Artikel empfehlen.
Nachdem das Leuchtgas immense Marktanteile an die Glühbirne verlor, folgte um die Jahrtausendwende Runde zwei im Kampf um die Frage: Welche Energiequelle hat Zukunft uns soll zur Versorgung der Bevölkerung genutzt werden?
Denn während Gas von Gegnern als unsicher und vergiftend bezeichnet wurde, wurde über Strom behauptet, dass er für Kabelbrände sorgen und die Netzhaut schädigen würde. Der städtische Gaswerksdirektor versuchte mit allen Mitteln Strom schlechtzureden – jedoch ohne Erfolg.
Nach jahrelangen Debatten wurden beide Systeme ironischerweise als „Erleuchtungswerke“ zusammengeführt, wovon in den Folgejahren sowohl Gas als auch Strom profitierten, auch weil Gas vermehrt für andere Zwecke eingesetzt wurde. So galt ab 1902: Gas für Herd und Wärme; Strom für Beleuchtung und industrielle Antriebsenergie.
1890 fuhr die erste Bremer Straßenbahn zwischen der damaligen Börse (stand früher vor der Unser Lieben Frauen Kirche) und dem Bremer Bürgerpark. Diese Premiere wurde noch dadurch getoppt, dass es die erste deutsche Straßenbahn war, die mit elektrischen Oberleitungen betrieben wurde.
Trotz anlaufender Industrialisierung war der Verkehr noch von Pferdekutschen geprägt, die auf festgelegten Bahnen verkehrten. Doch als 1890 die erste elektrische Straßenbahn vorgestellt wurde, entschloss sich die Bremer Pferdebahn dazu, das Netz zu modernisieren und die Bremer Straßenbahn war geboren.
Lange wurde der erzeugte Strom hauptsächlich für die Beleuchtung öffentlicher Plätze und Straßen verwendet. Für den städtischen Strom gab es nur wenig Abnehmer aus der Industrie. Dort wurde Strom mit industriellen Blockkraftwerken für den Eigenbedarf generiert.
So wurde 1904 ein neues Kraftwerk in Hastedt geplant, welches industrielle Kunden gewinnen und zukünftig das E-Werk hinter dem Bahnhof entlasten sollte. 1906 wurde es fertiggestellt. Die sieben Schornsteine des Hastedter Elektrizitätswerkes wurden auch „die sieben schwarzen Raben“ genannt. Mit einer Leistung von 2.400 KW versorgte es bald schon die Bremer Industrie wie z.B. die Werft „AG Weser“ in Gröpelingen. Nun machte die Industrie den größten Anteil am Stromverbrauch aus.
1911 wurde das Drehstrom-Kraftwerk in Hastedt um das Weserwehr erweitert. Dieses sollte mit Turbinen die Kraft des Wassers nutzen, um damit Strom zu generieren. Diese Technologie wurde zuvor nur in Ober- und Mittelläufen von Flüssen genutzt. Doch trotz anfänglicher Skepsis bewies es seine Rentabilität. Es produzierte zu Spitzenzeiten bis zu einem Drittel des Strombedarfs der gesamten Stadt.
Tipp: Erfahren Sie hier mehr über das Weserwasserkraftwerk und darüber, wie ein Wasserkraftwerk funktioniert.
Lange kamen die größten Einnahmen von Elektrizitätswerken durch das Geschäft mit Lichtstrom, doch durch die Industrie sollte sich dies ändern. Auch wenn die Gewinnmargen bei privaten Abnehmern stets höher waren, wollte man, dass die Industrie den Strom nicht mit Dynamomaschinen selbst produziert.
Viele Jahre war die Stromversorgung ein einziger Flickenteppich. Einzelne Leitungen, wenig Einheitlichkeit und einzelne Kreise und Städte nutzten ihr eigenes Netz – eine Vereinheitlichung und Vereinfachung des Netzes war nicht in Sicht. Doch in den 1930er Jahren sollte sich dies ändern.
Die Hansestadt Bremen hatte sich bisher dagegen gewehrt, Teil des überregionalen Verbundsystems zu werden. Doch als 1935 ein Auftragsboom für Flugzeug- und Stahlindustrie zur Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg kam, geriet das Hastedter E-Werk an seine Leistungsgrenzen. Es forderte zusätzliche Turbinen in Berlin an. Während zunächst eine Turbine geliefert wurde, weil die Hansestadt versprochen hatte, sich dem Verbundnetz anzuschließen, das aber nicht eingehalten wurde, verweigerte Berlin 1936 die Lieferung einer weiteren Turbine. Schließlich gab Bremen nach und schloss sich dem Verbundnetz widerwillig an.
Gleichwohl sich die Hansestadt erst dagegen gewehrt hatte, wurde durch den Anschluss ans Verbundnetz ein wichtiger Grundstein für das nationale Stromnetz und die spätere Liberalisierung des Strommarktes 1998 gelegt.
Übrigens: Heutzutage sind überregionale Stromnetze nicht mehr wegzudenken. Was sie alles leisten und wie wichtig sie sind, erfahren Sie in unserem Beitrag zu Smart Grids.
Leider konnten wir in diesem Beitrag nur einen Ausschnitt unserer Geschichte und der Stromversorgung über die Jahre präsentieren. Falls Sie also noch mehr über die Strom-Vergangenheit der Stadt erfahren möchten, können wir Ihnen einen Blick in unsere swb Chronik empfehlen. Dort finden Sie die ganze Historie zu Gas, Strom, Wasser und Wärme grafisch ansprechend präsentiert. Viel Spaß!
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.