Wir feiern 170 Jahre swb! Am 23. September 1854 wurde der Grundstein für swb gelegt. Zur Feier des Tages möchten wir Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit nehmen. In unserem ersten Teil der Reihe möchten wir Ihnen die Geschichte von swb in Verbindung mit der Gasversorgung der Region näherbringen. Wir zeigen exklusives Bildmaterial, erzählen spannende Anekdoten und nehmen Sie mit in eine frühere Lebensrealität. Viel Spaß beim Lesen!
Lesezeit: 4 Minuten
Inhalt:
Im frühen 19. Jahrhundert wurde die zentrale Straßenbeleuchtung noch mit Öl-Lampen und Fackeln geregelt, das heißt, dass es nachts vollkommen dunkel war. Daher war es nicht empfehlenswert, nachts allein nach draußen zu gehen. Wurde bei Dunkelheit das Haus verlassen, so wurde dies stets in Gruppen mit einer Lampenträgerin bzw. einem Lampenträger* getan. Die Lampe brannte natürlich mit Öl. Erst ab 1800 kam dann nach und nach Licht in die Straßen der Städte – aber nicht mithilfe von Strom, sondern mithilfe von Gas.
Das durch Kohlevergasung hergestellte Gas wurde Stadt- oder Leuchtgas genannt und zur Beleuchtung von Straßen und Wohnungen verwendet. Und so war die Gasbeleuchtung geboren.
Übrigens: London war 1813 eine der ersten mit Gaslichtlaternen illuminierten Städte der Welt.
Der Bremer Rat setzte sich erstmals 1846 mit der Gasbeleuchtung auseinander. Rund 8 Jahre später belieferte dann das Gaswerk rund 1.100 Gaslaternen in Bremen. Jedoch war man weit davon entfernt, die gesamte Stadt mit Licht zu versorgen. Als in der Hansestadt die ersten Gaslaternen brannten, hatte die Gemeinde Woltmershausen noch nicht einmal befestigte Straßen. Dennoch stieg die Nachfrage nach Gas rasant, auch weil es sich zum Kochen und Heizen einsetzen ließ.
Doch fast 50 Jahre später war auch diese Zeit vorbei. Zwar stieg durch die Erfindung des Gasglühstrumpfes Ende des 19. Jahrhunderts die Effizienz von gasbetriebenen Lampen nochmal an, doch fast zeitgleich kam der Durchbruch von Strom als Lichtquelle mit der Erfindung der Glühbirne. Die Gasbeleuchtung war der Strombeleuchtung letztlich deutlich unterlegen und so verdrängte der Strom das aus Steinkohle gewonnene „Leuchtgas“ endgültig als Lichtquelle.
Eigentlich sollte das Gaswerk in Gröpelingen erbaut werden, aber das Gebiet war schon für Hafenerweiterungen verplant. So kam es, dass 1897 mit der Planung für das neue Gaswerk begonnen und es 1901 in Woltmershausen fertiggestellt wurde.
Das Gaswerk schuf eine Menge neuer Möglichkeiten auf der linken Weserseite. 1902 wurde Woltmershausen eingemeindet, um am erwartbaren Gewinn des Gaswerkes teilzuhaben.
1901 fuhr die „Elektrische“ bzw. „rot-grüne Linie“, wie sie auch genannt wurde, zur Haltestelle „Am Gaswerk“. Bei Schichtwechsel in der Fabrik füllten sich die Wagons mit Menschen, aber nur mit jenen, die sich eine Fahrt leisten konnten. Andere liefen zu Fuß oder fuhren Fahrrad.
Die Strecke wurde weiter ausgebaut und 1909 als „Linie 7“ getauft. Doch bald schon wäre eine Modernisierung nötig gewesen, denn Rangiermanöver waren aufwendig, weil hier und da Wendeschleifen fehlten. Züge mit Anhängern mussten meist abgekuppelt und die Triebwagen über Weichen wieder vor den Zug rangiert werden. Eine Modernisierung wurde letztlich nicht durchgeführt, sondern die Linie durch die Busse 24 & 25 ersetzt. Ihre letzte Fahrt hatte die Linie 7 an Pfingsten 1965.
Übrigens: Heutzutage wird bei Linie 7 vermutlich eher an die Kletterhalle am Güterbahnhof gedacht.
Ab 1949 florierte die Wirtschaft in der Stadt und die Gasspeicher füllten sich so stark, dass sogleich ein neuer hermusste: der Gasometer. Im Vergleich zu den vorigen Nassspeichern, die noch Wasser zur Kühlung nutzten, war der Gasometer in Pusdorf ein moderner Trockenspeicher. Er kostete damals eine Million Mark, konnte 100.000 Kubikmeter Gas speichern und war 1950 mit 83 Metern das zweithöchste Gebäude in Bremen hinter dem Dom.
Übrigens: Es gibt in Bremen eine Verordnung, die besagt, dass der Bremer Dom stets das höchste Gebäude der Stadt sein soll. Tatsächlich musste für den Bremer Funkturm eine Ausnahme gemacht werden.
Die Arbeit auf dem Gasometer
1955 arbeiteten ganze 2.500 Menschen in dem Bremer Gaswerk. Trotz eher niedrigem Lohn arbeiteten die Menschen dort gerne. Zeitberichte erzählen von Solidarität und allgemeiner Wertschätzung für die Arbeit. Außerdem war das Arbeiten für den Staat sicher, versprach eine gute Zukunft und bot einige Vorteile für Mitarbeitende: günstiges Gas, Rabattpreise fürs Koks, Arbeitskleidung und finanzielle Hilfe bei Brillen oder Zahnersatz. Über die Gesundheitsgefährdung in einem solchen Werk wurden sich damals keine Gedanken gemacht.
1961 revolutionierte die Hansestadt die Heiztechnik. Während vorher noch mit Koks geheizt wurde, sollte eine neue entworfene Gastherme dies ändern. Die sogenannte Bremer Anlage lieferte nämlich Warmwasserbereitung und Raumheizung in einem Gerät – ohne laute Geräusche von sich zu geben. Zusätzlich war sie umweltfreundlicher als das Kokereigas. Über 2.000 Stadträte besuchten die Hansestadt, um den Vorreiter der neuen Heiztechnik begutachten zu können. Sie waren so überzeugt, dass fortan bundesweit galt: „Geheizt wird mit Gas!“.
Tipp: Bei uns im swb Magazin erfahren Sie, wie Sie Ihre Gastherme richtig einstellen.
Durch die Revolution der Bremer Anlage kam es, dass immer mehr Städte auf Ferngas und Erdgas umstellten. Diesem Trend unterlag auch die Kokerei-Industrie in Bremen, sodass der Kohlebunker, der Kokslagerplatz, die Fuhrwerkswaage und weitere Gebäude verkauft, abgebaut oder abgerissen wurden.
Im Januar 1964 wurde Bremen erstmals mit Ferngas aus dem Ruhrgebiet versorgt und die Gaseigenversorgung der Stadt endete. Das Gasnetz zu der Zeit reichte von Bremen bis nach Rom, also ca. 1.300 km. 1969 wurde dann von Ferngas von außerhalb komplett auf eigenes Erdgas umgestellt.
Übrigens: Heute sind die Gasleitungen der Stadt über 2.300 km lang.
Obwohl der Gasometer eine Art Wahrzeichen für den Stadtteil Pusdorf, wenn nicht sogar für die ganze Stadt war, so hatte er spätestens in den 80er Jahren seinen Nutzen verloren. 1984 wurde über die Zukunft des Gebäudes debattiert und der Entschluss gefasst, dass der Gasometer weichen muss.
Nach 34 Jahren war der liebevoll „umgedrehte Blechbüchse“ genannte Gasometer Ende November 1984 schließlich komplett abgerissen.
Leider konnten wir in diesem Beitrag nur einen Ausschnitt unserer Geschichte präsentieren. Falls Sie also noch mehr über letzten 170 Jahre von swb erfahren möchten, können wir Ihnen einen Blick in unsere swb Chronik empfehlen. Dort finden Sie die ganze Historie zu Gas, Strom, Wasser und Wärme grafisch ansprechend präsentiert. Viel Spaß!
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.