Fernwärme bedeutet, dass Abwärme bei der Stromproduktion von Kraftwerken ganz gleich welcher Art genutzt wird. Diese Abwärme erhitzt ein Medium, meist Wasser, welches dann über Rohrleitungen zu den Endverbrauchenden geschickt wird. Dort wird mithilfe einer Übergabestation die Fernwärme an den Heizkreislauf des Gebäudes übergeben und so direkt genutzt oder in einem Warmwassertank für die spätere Verwendung gespeichert. Allerdings ist Fernwärme keine neue Erfindung, sondern schon über tausende Jahre alt. Denn bereits zu Zeiten des römischen Reiches wurde heißes Wasser aus den Thermen weitergeleitet und als Fußbodenheizung genutzt. Doch wie funktioniert Fernwärme heute genau? Und wie ist ein Fernwärmesystem aufgebaut?
Inhalt:
Fernwärme ist Abwärme, die in Kraftwerken, Energieanlagen und Industrieprozessen entsteht. In thermischen Kraftwerken bleibt ein großer Teil der eingesetzten Brennstoffenergie oft ungenutzt und kann nur teilweise in elektrische Energie umgewandelt werden. Mithilfe von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird diese Abwärme nutzbar gemacht und als Heizenergie dem Fernwärmesystem zugeführt.
Durch Kraft-Wärme-Kopplung wird die Fernwärmeproduktion an die Stromproduktion gekoppelt. Das heißt, dass ein Großteil des energiereichen Dampfes, der Turbine und Generator antreibt, nicht an Kühlwasser oder -luft abgegeben wird, sondern an einen Heizkondensator übertragen und somit als Heizenergie genutzt wird. Auch bei Motoren in einem Blockheizkraftwerk kann die Wärme des Abgases somit nutzbar und dem Fernwärmesystem zur Verfügung gestellt werden. Die Abwärme des Turbinen- oder Motorprozesses erhitzt dabei Wasser auf 70 bis 130 Grad Celsius (°C), welches dann über kilometerlange isolierte Rohrleitungen in flüssiger Form zu den Endverbrauchenden transportiert wird.
Im Haushalt der Endverbrauchenden angekommen wird mit einer Übergabestation die Fernwärme an das Wasser des lokalen Heizungssystems übertragen. Diese Wärme wird dann direkt verwendet, um die Räume oder einen Warmwasserspeicher aufzuheizen. Das abgekühlte Fernwärmewasser fließt als Rücklauf zurück zum Kraftwerk, wo der Kreislauf von vorne beginnt.
Übrigens: Wird die Fernwärme aus erneuerbarer Energie, wie Biogas oder Solar- und Geothermie, gewonnen, so wird auch von grüner Fernwärme gesprochen. Falls Sie mehr über erneuerbare Energie erfahren möchten, werfen Sie gerne einen Blick in unsere Artikel Wie funktioniert Photovoltaik und Wie funktioniert Wasserstoff-Energie.
Das Fernwärmesystem bezeichnet die Gesamtheit aller Komponenten, die benötigt werden, um Fernwärme zu erzeugen und nutzbar zu machen. Häufig werden diese Fernwärmesysteme auch als Fernwärmeanlagen bezeichnet. Ein Fernwärmesystem besteht aus einem Kraftwerk, einem Fernwärmenetz und einer Übergabestation. Jede dieser Komponenten übernimmt dabei eine wichtige Aufgabe.
1. Kraftwerk
Im Kraftwerk wird meist Öl, Kohle, Gas, Holz, Abfall o. Ä. verbrannt. Hierbei entsteht heißer Wasserdampf, der zur Stromproduktion eingesetzt wird und hinter der Turbine immer noch über ausreichend Wärmeenergie verfügt. Ein sogenannter Heizkondensator überträgt diese Wärme zusammen mit weiterem Dampf aus der Verbrennung auf das Fernwärmewasser. Dies nennt man Kraft-Wärme-Kopplung. Das erhitzte Wasser aus der KWK-Anlage wird dann über das Fernwärmenetz den Haushalten und Betrieben als Heiz- und Prozesswärme zur Verfügung gestellt.
Tipp: Falls Sie mehr über verschiedene Arten von Kraftwerken erfahren wollen, können wir Ihnen unseren Artikel zu der Müllverwertungsanlage empfehlen.
2. Fernwärmenetz
Das Fernwärmenetz transportiert das erhitzte Wasser mit Netzpumpen über überirdische oder unterirdische Rohrleitungen zu den Verbrauchenden (Vorlauf) und nach der Nutzung von den Verbrauchenden wieder zurück zum Kraftwerk (Rücklauf). Das Wasser im Vorlauf hat dabei Temperaturen zwischen 90 °C und 130 °C, im Rücklauf rund 60 °C. Unter normalen Bedingungen wird Wasser ab einer Temperatur von 100 °C zu Wasserdampf, nicht jedoch, wenn die Rohrleitungen unter Druck stehen. Ab 4 bar bleibt Wasser auch bei 130 °C noch flüssig und lässt sich so leichter durch die Rohrleitungen transportieren. Die Netzpumpen drücken somit nicht nur das Wasser durch die Stadt, sondern bauen auch einen Druck von 5 bis 7 bar auf.
Übrigens: Was ist Fernwärme ohne ein gut ausgebautes Netz? Damit auch in Bremen immer mehr Haushalte und Betriebe Fernwärme beziehen können, hat swb eine große neue Fernwärme-Verbindungsleitung vom Müllheizkraftwerk MHKW in den Bremer Osten gebaut und wird auch zukünftig die Versorgung mit umweltfreundlicher Fernwärme weiter ausbauen. Ob Ihr Zuhause bereits ans Fernwärmenetz angeschlossen ist, erfahren Sie, indem Sie die Fernwärme-Verfügbarkeit prüfen.
3. Übergabestation
Die Fernwärme-Übergabestation umfasst den Haus- bzw. Gebäudeanschluss, den Wärmetauscher und den Warmwasserspeicher. Das wichtigste Element für die Übergabestation ist der Wärmetauscher. Er entzieht dem aufgeheizten Wasser aus dem Vorlauf einen Teil der Wärme und übergibt sie dem Hausheizungskreislauf. Der Wärmetauscher kann die Wärme aus dem Vorlauf auch einem Warmwasserspeicher zuführen und so warmes Wasser für die spätere Verwendung speichern. Hierfür kann auch eine Wärmepumpe genutzt werden.
Zusätzlich reguliert die Übergabestation u. a. Folgendes:
Übrigens: Die Einstellungen der Fernwärme-Übergabestation können individuell angepasst werden. Jedoch sollte darauf geachtet werden, dass die Warmwassertemperatur nicht unter 60 °C fällt, da es sonst zur Legionellenbildung kommen kann. Dies sollten Sie auch bei Gasthermen und Durchlauferhitzern beachten.
Fernwärme-Vorteile
Fernwärme-Nachteile
Tipp: Entdecken Sie die fairen Fernwärme-Tarife von swb für Bremen und Bremerhaven.
Neben Fernwärme gibt es auch noch andere Möglichkeiten, wie die Abwärme von Kraftwerken genutzt werden kann:
1. Nahwärme
Von Nahwärme wird gesprochen, wenn die Fernwärmeanlage bzw. das Fernwärmesystem nur wenige Haushalte oder Industriebetriebe versorgt oder sich das Fernwärmenetz nur über eine kleine Fläche erstreckt. Eine genaue Definition, ab wann Nahwärme als Fernwärme zählt, gibt aber es nicht.
2. Kalte Fernwärme
Kalte Fernwärme ist eine Fernwärmenetze-Variante, die mit Temperaturen um die 15 bis 25 °C arbeitet. Fernwärmenetze können sowohl Wärme als auch Kälte liefern, indem das Wasser auf die benötigte Vorlauftemperatur der individuellen Heizungsanlage erhitzt bzw. mittels eines Wärmetauschers in Kälte umgewandelt wird. Dies ist sehr effizient und das Wärmenetz kann dank der niedrigen Temperatur mit unisolierten Plastikrohren gebaut werden. Weiterhin lässt sich die Anlage für kalte Fernwärme an Kraftwerken leicht nachrüsten. Kleinere Systeme dieser Art können auch als kalte Nahwärmesysteme bezeichnet werden.
3. Fernkälte
Bei Fernkälte wird über Rohrleitungen Wärmeenergie transportiert, allerdings genau anders herum als bei Fernwärmesystemen. Das heißt, dass mittels Kältemaschinen Wärme vom Verbrauchenden abgeführt wird. Deshalb hat das Wasser des Vorlaufs beim Fernkältenetz um die 5 °C und das Wasser beim Rücklauf um die 15 °C. Auf diese Weise können Häuser oder Betriebe klimatisiert werden. Für besonders hohe Effizienz können Fernwärme- und Fernkältenetze auch miteinander verbunden werden.
Neben klassischer Fernwärme gibt es auch noch Nahwärme, kalte Fernwärme und Fernkälte.
Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein und Fernwärme hilft, die Effizienz von Kraftwerken zu steigern. Auch wenn viele Kraftwerke noch fossile Brennstoffe verwenden, wird dank Fernwärme die Abwärme dieser Kraftwerke nicht einfach in die Atmosphäre abgegeben, sondern genutzt.
Ein Fernwärmesystem besteht aus drei großen Komponenten: einem Kraftwerk, dem Fernwärmenetz und der Übergabestation. Das Kraftwerk produziert die Fernwärme, die Rohrleitungen des Fernwärmenetzes transportieren das aufgeheizte Wasser und die Übergabestation reguliert die Abgabe an die Verbrauchenden.
Da ca. 50 Prozent der Fernwärme durch Gas erzeugt wird, sind die Fernwärme-Kosten oft unmittelbar an den Gaspreis gebunden. Sogenannte grüne Fernwärme ist umweltfreundlicher, aber in der Regel auch teurer. Ein Nachteil bei Gas ist jedoch die Anschaffung der Brennsysteme.
Tipp: Haben Sie schon von LNG gehört und sich gefragt, was es damit auf sich hat? In unserem Artikel Was ist LNG? erfahren Sie mehr über das Thema.
Fernwärme ist je nach energieversorgendem Unternehmen und Region unterschiedlich teuer. Mehr Informationen finden Sie bei den Fernwärme-Tarifen von swb.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.