Was haben die Bremer Klaben, das Schaffermahl und das Aufhängen eines Schachtelkranzes zum 25. Geburtstag gemeinsam? Genau, das alles sind typische Bremer Bräuche oder auch „Bremensien“. In der nordischen Hansestadt gibt es viele Rituale und Traditionen, die zwar teilweise kurios erscheinen, aber fest mit der Stadt verwurzelt sind. Doch was sind die Hintergründe dieser Bremer Bräuche? Frischen Sie Ihr „Bremensien“-Fachwissen ein wenig auf: Wir geben Ihnen dafür die wichtigsten Informationen rund um die bekanntesten Bremer Traditionen und Bräuche.
Inhalt:
Bremensien sind im weitesten Sinne alle Kulturerzeugnisse, die sich auf Bremen oder das Umland beziehen. So können Schriften, Bücher und Bilder, aber auch Spezialitäten, Begebenheiten und Gegenstände als Bremensien bezeichnet werden. Das Wort kommt vom Lateinischen Bremensis was so viel wie „zu Bremen gehörig“ oder „aus Bremen“ bedeutet.
November bis März: Kohlfahrten in Bremen & umzu
Der erste Frost setzt ein und das bedeutet: Die Grünkohl-Saison ist eröffnet. Freundeskreise, Vereine und Arbeitsteams holen nun den Bollerwagen raus, füllen ihn mit hochprozentigen Getränken und schon kann die Kohltour in Bremen starten. Es gehört zur Tradition, am Ende der spaßigen Tour in eine Gaststätte einzukehren. Nach der Tour durch die Kälte wird hier zur Stärkung deftiger Grünkohl mit Grützwurst, Pinkel, Kochwurst, Kassler und Bauchspeck aufgetischt.
Dezember: Nikolauslaufen in Bremen
Am 6. Dezember werden nicht nur die geputzten Stiefel von den Kindern rausgestellt, denn die Kinder schlüpfen selbst in die Rolle des Nikolauses. Beim Nikolauslauf in Bremen verkleiden sich die Kleinen, laufen durch die Nachbarschaft und sagen Gedichte auf. Vielerorts werden die kleinen Nikoläuse auch schon von großen Nikoläusen erwartet. Als Dankeschön bekommen die Kinder Mandarinen, Nüsse und natürlich auch ein paar Süßigkeiten. Ein Spaß für Groß und Klein!
Januar: Die Bremer Eiswette
Dieser typische Bremer Brauch hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert. Er bestand darin, dass alljährlich ein Schneider am Tag der heiligen drei Könige versuchte, die Weser zu überqueren. Dabei wurde geprüft, ob die Weser “geiht oder steiht“ – also ob sie fließt oder zugefroren ist.
Heutzutage findet die Bremer Eiswette in historischen Kostümen statt. Um das Schneiderlein in den milden Wintern nicht nass werden zu lassen, holt ihn ein Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ab und bringt ihn auf die andere Seite der Weser. Denn wirklich zugefroren war die Weser schon lange nicht mehr.
Geburtstage feiern in Bremen ist nicht gleich einfach Geburtstag feiern: Besonders zum 18., 25. und 30. Geburtstag warten auf Bremerinnen und Bremer* typisch bremische Traditionen.
18. Geburtstag: Eier werfen
Was erstmal wie eine Strafe wirkt, hat doch einen schönen, symbolischen Charakter: Die Geburtstagskinder werden zum 18. Geburtstag gerne mal mit Eiern beworfen als Zeichen, dass sich die nun jungen Erwachsenen wie Küken aus der schützenden Schale befreien.
25. Geburtstag: Schachtelkranz & alte Socken
Junge Frauen, die 25 Jahre alt werden und unverheiratet sind, bekommen selbstgebastelte Girlanden und Kränze aus alten Zigarettenschachteln ans Haus oder um den Hals gehängt. Diesem Bremer Brauch nach gelten sie fortan salopp gesagt als „alte Schachtel“. Männer bekommen analog dazu alte Socken oder alte Flaschen. Der Ursprung dieser Bremensie liegt wahrscheinlich im sogenannten „Jungfernkranz“. Eine Braut, die vor dem 25. Geburtstag heiratete, bekam diesen Kranz aufgesetzt. Der heutige Schachtelkranz ist ein umgekehrter Bezug dazu. Natürlich sollte dies alles mit einem Augenzwinkern betrachtet werden. Die Geburtstagskinder nehmen es mit Humor!
30. Geburtstag: Domtreppen fegen & Klinken putzen
Wer 30 Jahre alt wird, männlich und unverheiratet ist, muss der Bremer Tradition nach die Domtreppen fegen, bis er von einer Jungfrau freigeküsst wird. Oft sind die Treppen dann mit Sägespäne oder Kronkorken übersät. Für Frauen ist analog Klinken putzen am 30. Geburtstag angesagt. Diese Bremensie geht auf einen alten Volksglauben zurück. Demnach wurde davon ausgegangen, dass Menschen, die sich nicht an der Fortpflanzung beteiligt haben, nach dem Tod an einen üblen Ort verbannt werden. An diesem Ort müssten sie überflüssige Arbeit verrichten. Heute stehen das Treppenfegen und Klinkenputzen symbolisch für diesen Ort und diese Arbeit.
Übrigens: In Schaltjahren erfolgt diese Bremer Tradition in verkehrter Weise, d.h. die Frauen fegen die Treppen und die Männer müssen Klinken putzen.
Sich etwas wünschen
Typisch für Bremen ist die Bremer Stadtmusikanten-Statue. Erbaut von Gerhard Marcks, ist sie nicht nur ein beliebtes Fotomotiv für Touristinnen und Touristen*, sondern auch ein Ort, um Wünsche auszusprechen. Wenn die inzwischen blank polierten Vorderbeine angefasst und gerieben werden, geht laut Legende ein Wunsch in Erfüllung. Die Bremer Stadtmusikanten-Skulptur steht seit 1953 an der Nordwestfassade des Rathauses.
Spenden und lauschen
Nicht weit von den Bremer Stadtmusikanten befindet sich das Bremer Loch. Dies ist ein Gullideckel mit einem Münzschlitz vor dem Bremer Rathaus. Die Attraktion daran ist, dass nach einem Münzeinwurf ein Tier der Bremer Stadtmusikanten ertönt. Das Geld kommt der Wilhelm-Kaisen-Bürgerhilfe zugute, die damit Projekte für die Menschen in der Stadt unterstützt.
1. Matjes
Frischer Fisch, die Nordsee und Bremen sind ein Trio, das nicht zu trennen ist. Ein besonderes Augenmerk liegt hier auf dem Matjes. In Bremen wurde die deutsche Matjes-Saison 30 Jahre lang offiziell im Frühjahr eröffnet. Seit 2014 hat die Stadt Hamburg diese Rolle inne. Nichtsdestotrotz startet die Tour de Matjes, eine Reihe von Matjesveranstaltungen in ganz Deutschland, weiterhin in Bremen.
2. Die Klaben-Saison
Der Bremer Klaben gehört seit 2009 zu den geografisch geschützten Lebensmitteln. Dieses Gebäck ist ein großer stollenähnlicher Kuchen aus schwerem Hefeteig mit Rosinen. Die Klaben-Saison ist im November offiziell eröffnet, wenn auf dem Marktplatz ein 100-m-langer Bremer Klaben verkauft wird. Die Einnahmen des Verkaufs werden gespendet.
3. Bremer Kaffeebrot
Eine leckere Bremensie ist das Bremer Kaffeebrot. Die Spezialität aus der Hansestadt besteht aus einer gebackenen Weißbrotstange, die in Scheiben geschnitten, mit Butter sowie Zimt und Zucker bestreut und dann nochmal im Ofen geröstet wird. Traditionell wird dieser Leckerbissen zum Tee oder Kaffee serviert.
4. Bremer Kluten
Bremer Kluten wurden 1865 in Bremen erfunden und sind eine Süßigkeit. Zarter Pfefferminz-Fondant wird hauchdünn mit Zucker kandiert und zur Hälfe mit Zartbitterschokolade umhüllt. Die rechteckigen Kluten werden auf traditionelle Art in der Schnoorkonditorei in Bremen am Marktplatz hergestellt.
5. Bremer Babbeler
Typisch für Bremen sind auch die Bremer Babbeler. Diese bräunlichen Zuckerstangen werden in der Regel von Hand gefertigt und schmecken ganz leicht nach Pfefferminz. Meistens wird diese Spezialität zur kalten Jahreszeit gegessen. Der Name Babbeler kommt vom plattdeutschen Ausruf „Hol din Babbel!“, was „Halt deinen Mund!“ heißt.
1. Gesche Gottfrieds Hinrichtung und der Spuckstein am Bremer Dom
Was sich so unappetitlich anhört und auch ein wenig so aussieht, ist tief in der Bremer Geschichte verwurzelt. Der Basaltstein zwischen Neptunbrunnen und St. Petri Dom markiert nämlich die Stelle, an der die letzte öffentliche Hinrichtung in Bremen stattgefunden haben soll. Die Verurteilte ist dabei keine Unbekannte: Es handelt sich um Gesche Gottfried, die zu ihrer Lebzeit 15 Menschen vergiftet haben soll. Als Zeichen der Missachtung spucken Bremerinnen und Bremer* auf den Spuckstein.
2. Die Bremer Gluckhenne
Die Sage rund um die Bremer Gluckhenne und ihre Küken ist die berühmteste Volkssage in Bremen und gleichzeitig die Gründungslegende der Hansestadt. Demnach fuhren einige Flussfischer auf der Weser, als ein Sturm aufkam. Sie suchten nach einem sicheren Unterschlupf und entdeckten auf einer Düne am Weserufer eine Henne mit ihren Küken. Darin sahen die Flussfischer ein Zeichen und wollten sich an diesem wohl sicheren Ort niederlassen – Bremen war gegründet. Der Bremer Gluckhenne wurde ein Denkmal in der Fassade des Bremer Rathauses gesetzt.
3. Heini Holtenbeen
Wer im Schnoorviertel in Bremen schon einmal schlendern war, dem ist vielleicht eine bestimmte Bronzestatue aufgefallen. Die Skulptur ist dem Bremer Original Heini Holtenbeen, eigentlich Jürgen Heinrich Keberle, gewidmet. Den Namen „Holtenbeen“ also „Holzbein“ erhielt er aufgrund seines steifen Beines. Der 1909 verstorbene Heini stand stets auf dem Marktplatz und nahm den Kaufleuten vor der Börse ihre Zigaretten ab. Aus den Resten stellte er Neue her und verkaufte sie anschließend.
4. Bremer Roland
Der Bremer Marktplatz ist nicht nur für viele Stadtführungen ein zentraler Ausgangspunkt, sondern auch für die Bremerinnen und Bremer* selbst. Was hier nicht zu übersehen ist, ist die Statue des Bremer Roland. Sie soll den Heerführer und Neffen von Karl dem Großen darstellen und repräsentiert zugleich den Kaiser. Der Abstand zwischen den beiden Knien der Roland-Statue entspricht übrigens einer Bremer Elle.
Bremer Schaffermahlzeit im Februar
Leider nicht frei zugänglich und doch jedes Jahr wieder öffentlichkeitswirksames Highlight im Bremer Eventkalender. Denn dieser typische Bremer Brauch ist bis ins späte Mittelalter zurückzuführen und gilt somit als ältestes Brudermahl der Welt. Bei der Schaffermahlzeit in Bremen treffen sich jährlich am zweiten Freitag des Februars 300 in Bremen lebende Personen. Darunter 100 Kaufleute, 100 Seefahrende und 100 Personen des öffentlichen Lebens. Sie kommen in der Oberen Rathaushalle zusammen, um für die Stiftung Haus Seefahrt zu spenden. Nach jahrelangen Diskussionen werden seit 2015 auch Frauen zu dieser Bremensie eingeladen.
Doch nicht nur wegen der Schaffermahlzeit ist in Bremen immer etwas los. Bei einem Besuch vor Ort sollten Sie sich auch einmal bei diesen beliebtesten saisonalen Events vorbeischauen:
Die meisten Bremer Bräuche und Traditionen haben einen historischen Hintergrund. Je mehr Sie Bremen erkunden, desto mehr wird von der Geschichte der Stadt offengelegt und desto mehr Bremensien entdecken Sie. Wenn Sie einen besonders geschichtliche Orte in Bremen besichtigen wollen, schauen Sie einmal in der Böttcherstraße oder im Schnoorviertel in Bremen vorbei. Hier gibt es tolle Museen, bekannte Künstlerinnen und Künstler*, interessante Architektur und vieles mehr zu sehen. Typisch Bremen hautnah!
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.