Laut Statistischem Bundesamt soll durchschnittlich jeder Haushalt in Europa 10.000 Dinge besitzen. Vor 100 Jahren waren es in Deutschland nur 180. Im Grunde ist dies wenig überraschend, denn Konsum ist seitdem deutlich einfacher geworden, teilweise sehr günstig und die Auswahl ist ins Unermessliche gestiegen. Eine Gegenbewegung dazu ist der Minimalismus. Minimalistisches Wohnen verbinden jedoch viele Menschen mit unpersönlichen und kahlen Räumen. Können minimalistische Wohnungen gemütlich sein? Wie können Sie Dinge ganz einfach loslassen, wenn Sie dem minimalistischen Wohnen eine Chance geben wollen? Wir erklären das Konzept und verraten nützliche Tipps und Tricks.
Inhalt:
Minimalismus ist ein Lebensstil, bei dem bewusst auf unnötige Dinge verzichtet wird, um Platz für das Wesentliche zu schaffen. Er stellt eine Art Gegenentwurf zur Konsumgesellschaft und Materialismus dar. Daher geht minimalistisches Wohnen auch mit regelmäßigem Ausmisten einher, um materiellen Ballast loszuwerden und sich auf das Nötigste zu beschränken.
Durch einen minimalistischen Wohnstil entsteht mehr Raum, um sich persönlich zu entfalten und für die Dinge Zeit zu finden, die einem wichtig sind, ohne durch materiellen Überfluss abgelenkt zu werden. Denn wer weniger besitzt, ist häufig glücklicher, da sich auch um weniger gekümmert werden muss. Neben Platz spart dies zudem Zeit und Geld.
Der Minimalismus hat seinen Ursprung in der Kunstszene Mitte des 20. Jahrhunderts. Das erste Mal tauchte der Begriff 1965 im Essay „Minimal Art“ von dem englischen Philosophen Richard Wollheim auf. Geprägt wurde er jedoch insbesondere durch US-amerikanische Künstler, wie Donald Judd, Robert Morris oder Carl Andre. Ihre Kunstwerke zeichneten sich durch schlichte, geometrische und minimalistische Skulpturen aus. Dabei verzichteten sie auf verschnörkelte Details und setzten vor allem auf klare Formensprache und schlichtes Design. Diese sind bis heute bezeichnend für den Minimalismus und demnach auch in Bezug auf Mode, Architektur und minimalistisches Wohnen maßgebend.
In den 70er-Jahren schwappte der Minimalismus-Trend in den Einrichtungsbereich über, da Donald Judd dazu überging, auch minimalistische Möbel zu entwerfen. Sein Fokus lag darauf, alle unnötigen Zusätze wegzulassen und sich auf die reine Funktionalität der einzelnen Möbelstücke zu konzentrieren. Minimalistisch Wohnen ist eine Lebenseinstellung, die mit Verzicht verbunden ist, jedoch nicht negativ als eine Art Pflicht aufgefasst wird. Vielmehr handelt es sich um eine positive Befreiung von Ballast.
Zu den Vorteilen, Zimmer minimalistisch einzurichten, gehört nicht nur mehr verfügbarer Platz, sondern auch das Sparen von Geld, das häufig für unnötige Dinge ausgegeben wird. Dadurch sollen Sie mehr Zeit haben, um sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren. Es soll Ihnen ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit verschaffen. Klingt erstmal verlockend, jedoch heißt minimalistisch wohnen auch, dass Sie bereit sein müssen, Einsatz zu zeigen.
Denn anfangs brauchen Sie Zeit und Geduld, um Ihren Lebensstil umzustellen. Der Besitz wird in den meisten Fällen drastisch reduziert, was ausmisten und neu organisieren bedeutet. Dieser zeitliche Aspekt ist vermutlich der größte Nachteil des Minimalismus. Da der Anfang erstmal für alle Interessierten ungewohnt ist, lohnt es sich, sich hierzu auszutauschen. Auch unsere praktischen Tipps können beim Start in das minimalistische Wohnen helfen.
Viele hängen emotional an objektiv nutzlosen Dingen, weshalb der Start in das minimalistische Wohnen schwerfallen kann. Jedoch bedeutet dies nicht Verzicht auf alles, was einem etwas bedeutet – überhaupt nicht. Vielmehr geht es um die klassischen Gegenstände, die alle irgendwo in den Schränken und Schubladen haben und gedanklich mit dem Label „Das brauche ich bestimmt irgendwann noch mal“ versehen wurde. Objektiv ist dies jedoch selten der Fall.
Genau dort setzt das Konzept des minimalistischen Wohnens an. Um das Ausmisten zu erleichtern, gibt es einige Methoden, die Ihnen dabei helfen können. Ob Sie „extrem“ minimalistisch wohnen oder lieber erstmal mit einer Light-Version starten möchten, bleibt dabei Ihnen überlassen. Wir zeigen Ihnen minimalistische Wohnideen und geben Tipps, wie Sie Ihre Wohnung minimalistisch einrichten können.
1. Minimalistisch wohnen Tipp: ausmisten, um Platz zu schaffenDer erste Schritt zu einer minimalistischen Einrichtung ist das Aussortieren von all den Gegenständen, die keinen oder kaum tatsächlichen Nutzen bringen. Marie Kondo ist eine Expertin auf diesem Gebiet und berät in Sachen Aufräumen und Wegwerfen. Sie hat die „Konmari-Methode“ entwickelt, welche bestimmte Grundsätze umfasst, die als Orientierung dienen. Dabei empfiehlt sie die gesamte Wohnung Schritt für Schritt durchzugehen und sich bei jedem Objekt, das Sie in der Hand halten, zu fragen, ob es Sie glücklich macht. Beginnen Sie mit weniger wichtigen Sachen, wie Küchenutensilien, und arbeiten Sie sich bis zu lieb gewonnenen Erinnerungsstücken durch. Teilen Sie dabei Ihren Besitz in verschiedene Kategorien ein, zum Beispiel Bücher, Kleidung und Dekoration. Weisen Sie jedem Objekt einen Stammplatz zu und achten Sie penibel auf Ordnung.
2. Minimalistisch wohnen Tipp: weniger und bewusster Konsum
Fragen Sie sich, welchen Teil des minimalistischen Wohnens Sie realistisch in Ihren Alltag integrieren können. Machen Sie sich bewusst, in welchen Situationen Sie Produkte kaufen und ob Sie diese wirklich benötigen. Hierbei ist der Grat zwischen brauchen und nicht brauchen sehr schmal und der Kopf muss erstmal auf Minimalismus „umprogrammiert“ werden. Erst nach und nach wird es jedoch immer einfacher, sich bewusst zu machen, wann es sich lohnt, etwas zu kaufen und wann nicht. Was einer Person wichtig ist, ist von Individuum zu Individuum unterschiedlich. Bewusster und nachhaltiger Konsum ist daher beim minimalistischen Wohnen das A und O. Qualitativ hochwertige Möbelstücke und Accessoires sind zwar in der Anschaffung tendenziell teurer, jedoch in der Regel auch deutlich langlebiger.
Tipp: Wenn Sie noch keine Erfahrung mit Nachhaltigkeit gesammelt haben, geben wir Ihnen in unserem Artikel Nachhaltiger leben Tipps für Einsteiger*.
3. Minimalistisch wohnen Tipp: regelmäßig aufräumen
Minimalistisch wohnen geht mit regelmäßigem Aufräumen einher, um Ordnung beizubehalten. Da reicht der Frühjahrsputz einmal im Jahr häufig nicht aus. Täglich alle Gegenstände zu verräumen, die sich nicht an ihrem vorgesehenen Platz befinden, dauert aufgrund der Regelmäßigkeit nicht lang. Auf diese Weise lassen sich Dinge leichter finden und Sie verfügen über einen besseren Überblick. In einem minimalistischen Schlafzimmer können Kleidungsstücke beispielsweise zu Rechtecken gefaltet und aufrecht gelagert oder gerollt und gestapelt werden.
4. Minimalistisch wohnen Tipp: schlichte Farben und Formen
Auch für Farben und Formen gilt das Motto: Weniger ist mehr. Um einen minimalistischen Einrichtungsstil zu kreieren, entscheiden Sie sich für wenige und schlichte Farbtöne, die miteinander harmonieren und eine beruhigende Wirkung haben. Hier bieten sich Farben wie weiß, beige, grau und schwarz an. Trotz eingeschränkter Farbpalette können Sie unterschiedliche Materialien und Texturen verwenden, um Abwechslung zu schaffen. Auch die Formen sollten klar und schlicht gehalten werden. Sie zeichnen sich durch ihre geraden Linien ohne Verschnörkelungen aus. Ein schönes Beispiel hierfür ist das skandinavische minimalistische Wohnen.
5. Minimalistisch wohnen Tipp: freie Flächen
Beim minimalistischen Wohnen ist zudem Mut zu freien Flächen gefragt – egal ob am Boden oder an der Wand. Vollgestellte Räume können unterbewusst erdrückend wirken und Stress hervorrufen. Um einen ruhigen Gesamteindruck zu erzeugen, sollten Flächen deshalb möglichst freigehalten werden. Positiver Nebeneffekt ist, dass der Raum dadurch optisch größer wirkt. Einzelne liebgewonnene Bilder können Sie an der Wand in Szene setzen, sodass sie Platz zum Wirken haben. Der Einsatz von indirekter Beleuchtung kann den Effekt zusätzlich verstärken.
6. Minimalistisch wohnen Tipp: Dekoration in Maßen
Obwohl Sie bestenfalls auf überflüssige Dekoration verzichten sollten, bedeutet das nicht, dass sie vollständig aussortiert werden muss. Wichtig ist beim minimalistischen Dekorieren, dass einzelne Dekorationselemente optisch aufeinander abgestimmt ist. Ungerade Zahlen vermeiden Unruhe. Auf einem Tablett positioniert, wirken die einzelnen Elemente aufgeräumter.
7. Minimalistisch wohnen Tipp: Kleinkram verstauen
Ein weiterer Minimalismus-Tipp ist, Kleinkram zu verstauen. Kleinkram sieht oft unordentlich aus und ist schwer wiederzufinden, wenn er sich nicht an seinem vorgesehenen Ort befindet. Indem Sie Ihren Kleinkram in Aufbewahrungsboxen einsortieren, kann Ihnen das nicht mehr passieren. Dafür eignen sich ebenfalls Möbel, die minimalistisch sind und über versteckten Stauraum verfügen. Achten Sie daher bei einer minimalistischen Wohnungseinrichtung neben der Ästhetik zusätzlich auf die Funktionalität. Idealerweise nutzen Sie einzelne Möbel für mehrere Zwecke. Das sieht schön und aufgeräumt aus und erfüllt darüber hinaus die Ansprüche an minimalistisches Wohnen.
Tipp: Wenn Sie es geschafft haben, sich von dem potenziell belastenen Teil Ihres Besitzes zu befreien und die Wohnung minimalistisch zu gestalten, können Sie alle aussortierten Dinge spenden, verkaufen oder upcyceln.
Minimalistisch zu leben, kann sich durchaus positiv auf die Psyche auswirken. Denn die dadurch erzeugte unaufgeregte Atmosphäre soll zu einem stressfreieren sowie glücklicheren Leben führen, klares Denken fördern und entspannend wirken. Durch das reduzierte Interior wirken Räume zugleich modern und gut aufgeräumt, ohne ungemütlich zu werden. Schauen Sie sich das Ergebnis minimalistischen Wohnens vorher und nachher an und überzeugen Sie sich selbst. Viel Spaß beim Ausprobieren unserer Tipps für eine minimalistische Wohnung!
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.