Ein europaweit einmaliges Bauwerk ist der ZARM-Fallturm an der Uni Bremen. In ihm können spannende naturwissenschaftliche Experimente in nahezu absoluter Schwerelosigkeit stattfinden, die z.B. zu neuen Erkenntnissen der Raumfahrt führen. Zusätzlich bietet der Fallturm Bremen Führungen, Begehungen und Veranstaltungsräume für z.B. Hochzeiten an. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, wie im Fallturm Bremen Experimente durchgeführt werden und was es mit dem noch recht unbekannten „GraviTower Bremen Pro“ auf sich hat.
Lesezeit: 3 Minuten
Inhalt:
Lage: Auf dem Campus der Universität Bremen, gehört zu ZARM (Zentrum für angewandte Raumfahrttechnik und Mikrogravitation)
Fertigstellung: 1990
Einbau Katapult: 2004
Höhe: 146 Meter
Innere Fallhöhe: 110 Meter
Freier Fall in Schwerelosigkeit: ca. 4,75 Sekunden
Freier Fall in Schwerelosigkeit mit Katapult: ca. 9,5 Sekunden
Experimente jährlich: ca. 400
1. Vakuum im Fallturm erzeugen
Um im Bremer Fallturm möglichst authentische Ergebnisse zu erhalten, wird mithilfe von Hochleistungspumpen der inneren Fallröhre des ZARM-Fallturms die Luft entzogen, sodass ein nahezu luftleerer Raum entsteht. Die Qualität dieser Schwerelosigkeit ist laut ZARM teilweise besser als auf der internationalen Raumstation ISS.
2. Experiment vorbereiten
a) Fallkapsel hochziehen
Im Inneren des Bremer Fallturms befindet sich eine 2,5 Meter hohe und 80 Zentimeter breite Kapsel, in der die Experimente stattfinden. Bei Fallexperimenten wird diese Fallkapsel mithilfe einer Seilwinde bis unter die Spitze des Fallturms gezogen, um von da aus 4,75 Sekunden lang und 110 Meter tief zu fallen.
b) Fallkapsel nach oben katapultieren
Alternativ kann seit dem Einbau des Katapults im Jahre 2004 die Kapsel innerhalb der Fallröhre senkrecht in die Luft katapultiert werden. Innerhalb einer viertel Sekunde wird die Kapsel auf eine Geschwindigkeit von 168 km/h beschleunigt. Mit dieser Geschwindigkeit fliegt sie bis unter die Turmspitze und fällt anschließend wieder nach unten – sie ist dabei über 9 Sekunden im luftleeren Raum unterwegs.
3. Auffangen im Abbremsbehälter
Nach nicht einmal 10 Sekunden bzw. 5 Sekunden beim reinen Fallexperiment ist alles vorbei. Die Kapsel kommt unten im Bremer Fallturm an und wird in einem 8 Meter hohen, mit Styroporkugeln gefüllten Abbremsbehälter aufgefangen, um die Ergebnisse auszuwerten.
Jeder Himmelskörper besitzt eine Schwerkraft oder Gravitation, die von der Masse des Körpers abhängig ist.
Die Schwerelosigkeit bezeichnet den Zustand, in dem die Auswirkungen dieser Schwerkraft auf einen Körper nicht direkt spürbar sind wie z.B. beim Sprung mit einem Skateboard oder beim Trampolinspringen. Ein Gegenstand oder Körper, der ungebremst zu Boden fällt, ist demnach per Definition schwerelos.
Um Schwerelosigkeit zu testen und zu erforschen, ist der freie Fall die einfachste Methode. Da aber auf der Erde mindestens eine weitere Kraft auf den Körper wirkt, nämlich der Luftwiderstand, ist die Schwerelosigkeit im Vakuum von besonderer Wichtigkeit, um authentische Weltraumumstände zu simulieren.
Übrigens: Schwerelosigkeit wird auch als „Mikrogravitation“ bezeichnet.
Den Fallturm Bremen zu besichtigen ist ganz einfach, denn in der markanten Spitze des Bremer Fallturms in rund 140 Metern Höhe befinden sich ein Veranstaltungsraum und eine Panorama-Lounge, die mietbar sind. So lassen sich dort verschiedenste Veranstaltungen feiern, bei denen in Ruhe der beeindruckende Ausblick auf den Campus, die Stadt und das Bremer Blockland genossen werden kann.
Feste & Feten
In dem Veranstaltungsraum des Fallturms lassen sich private Feten, Betriebsfeiern oder auch Geburtstage zelebrieren.
Hochzeiten
Tatsächlich befindet sich im Bremer Fallturm eine Außenstelle des Standesamtes. Dadurch ist es möglich, sich im höchstgelegenen Trauzimmer der Hansestadt bei wunderbarer Aussicht das Ja-Wort zu geben.
Begehungen & Führungen
Im Fallturm Bremen Führungen zu erleben, ist etwas ganz Besonderes, da dort u. a. die Funktionsweise des besonderen Bremer Turms mit Labor vorgestellt wird. Führungen finden 1x pro Monat für bis zu 25 Personen statt und kosten in der Regel 14 € pro Person.
Der GraviTower Bremen (GTB Pro) ist ein Prototyp, der 2022 eröffnet wurde und als „kleiner Bruder“ vom Bremer Fallturm bezeichnet werden kann. Der GraviTower Bremen benötigt kein Vakuum, sondern arbeitet mit einer hydraulischen Winde, die die Schwerkraft und die Reibung der Luft fast vollständig neutralisieren kann. Dieser Mechanismus wird auch release-caging genannt.
Dieses Bremer Weltraumlabor bietet die schnellstmögliche Wiederholungsrate für Experimente in der Schwerelosigkeit weltweit. Denn in diesem gerade einmal 16 Meter hohen Fallturm lassen sich am Tag bis zu 960 Experimente mit 2,5 Sekunden Schwerelosigkeit durchführen – was den GTB Pro noch beeindruckender als den Bremer Fallturm wirken lässt.
In diesem zweiten ZARM-Fallturm auf dem Bremer Unigelände können sogar Experimente mit reduzierter Gravitation wie auf dem Mars oder Mond simuliert werden. So wird die Flugzeit der Kapsel bei „Mond-Gravitation“ von 2,5 auf knapp über 3 Sekunden und bei „Mars-Gravitation“ auf 3,4 Sekunden verlängert. Ebenso lässt sich in dem GTB Pro während der Flugzeit der Kapsel variierende Gravitation simulieren.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.