Mittsommer ist ein jährliches Ereignis, welches nördlich des Äquators die Jahreszeit des Sommers einläutet. Die Mittsommernacht wird in vielen Ländern Europas auf unterschiedlichste Weise gefeiert. Am häufigsten wird dieses Fest hierzulande vermutlich mit Skandinavien, insbesondere Schweden, verbunden. Dies ist nicht zuletzt auch einer bekannten Möbelhauskette und ihrem offensiven Marketing rund um diesen Tag zu verdanken. Aber auch in anderen Kulturen wird die Sonnenwende mit verschiedenen Mittsommer-Ritualen gefeiert. Wir werfen einen Blick darauf, wie Mittsommer in verschiedenen Ländern zelebriert wird.
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Mittsommer gilt in Skandinavien nach Weihnachten als wichtigstes Fest, wird aber auch im Baltikum bis heute ausgiebig gefeiert. Anlass der Feierlichkeit ist unter anderem die Sommersonnenwende, welche den längsten Tag des Jahres markiert. Vielerorts gibt es zudem einen christlichen Hintergrund.
Häufig zieht es die Menschen für die Feierlichkeiten aufs Land, um dort mit Freunden und Familie den kurzen Sommer, das Licht und die Wärme zu zelebrieren. Die Bräuche zum Mittsommerfest sind dort sehr lebendig geblieben. Aber auch in anderen Ländern wird Mittsommer mit verschiedenen Ritualen gefeiert.
Im Kontext von Mittsommer fällt häufig der Begriff der Sommersonnenwende. Doch was ist die Sommersonnenwende? Ist beides miteinander gleichzusetzen? Die Antwort lautet weder ja noch nein. Denn die Sommersonnenwende steht genaugenommen für den astronomischen Sommeranfang und ist damit nur zu einem Teil der Anlass für die Feierlichkeiten an Mittsommer. Meist findet auf der Nordhalbkugel die Sommersonnenwende am 21. Juni statt. Allerdings können das Datum und die Uhrzeit je nach Zeitzone und Koordinaten immer mal wieder abweichen. Deshalb kann es durchaus passieren, dass die Sommersonnenwende auf den 20. oder 22. Juni fällt. Nicht nur im Sommer, auch im Winter gibt es eine Sonnenwende. Wo liegt der Unterschied?
Sommersonnenwende: Die Sonnenwende im Sommer beschreibt den kurzen Augenblick, in dem die Sonne im Zenit ihres nördlichsten Punktes am Himmel steht. Das bedeutet, dass die Sonne von der Erde aus gesehen ihren höchsten Stand erreicht hat und sich somit senkrecht über dem nördlichen Wendekreis befindet. Ab dann werden die Tage wieder kürzer.
Wintersonnenwende: Im Gegensatz zu ihrem sommerlichen Pendant erreicht die Sonne bei der Wintersonnenwende wiederum die geringste Mittagshöhe über dem Horizont. Sie scheint nur knapp 9 Stunden lang, weshalb es sich um den kürzesten Tag des Jahres handelt. Dieser markiert zeitgleich den Winteranfang.
Da Mittsommer vielerorts aber auch einen christlichen Hintergrund hat, lassen sich beide Ereignisse nicht vollständig gleichsetzen. Darüber hinaus findet das Mittsommerfest häufig erst ein paar Tage später statt, z.B. in Schweden. Hier wird immer auf das nächste Wochenende ausgewichen, um ausgelassen feiern zu können.
Übrigens: Meteorologisch ist der Sommeranfang sogar schon am 1. Juni.
Mittsommer findet um die Sommersonnenwende herum statt. Das genaue Datum, an dem gefeiert wird, kann jedoch von Land zu Land variieren. Es wird zwischen dem Mittsommertag und der Mittsommernacht, dem Abend vor Mittsommer, differenziert.
Frühgeschichte
Mittsommer bzw. die Sonnenwende war für die Menschen vielerorts schon immer ein besonderes Ereignis. Dies bezeugen prähistorische Bau- und Kunstwerke, die auf die Sommersonnenwende verweisen. Bereits die schätzungsweise um 3.100 vor Christus errichtete Steinkreis-Anlage Stonehenge wurde nach ihr ausgerichtet. Auch in Deutschland lassen sich eindeutige Spuren finden.
Heidnische Bräuche
Im heidnischen Mitteleuropa war die Sommersonnenwende bei Germanen und Kelten ein Höhepunkt im Jahresablauf, bei dem Mittsommerfeste zu Ehren der Fruchtbarkeit ausgetragen und böse Geister vertrieben wurden.
Christliche Tradition
Als nicht-christliche Tradition hatte Mittsommer für die katholische Kirche zunächst keine Bedeutung. Jedoch wurde im Verlauf der Zeit beschlossen, den 24. Juni zum Gedenktag für Johannes den Täufer zu machen, wodurch die beide Anlässe im Laufe der Zeit zu einem Fest verschmolzen. In diesem Zuge wurden auch einige Mittsommer-Rituale adaptiert, wie beispielsweise das Johannesfeuer.
Mittsommer in Schweden
In Schweden wird Mittsommer traditionell seit 1953 an dem Samstag zwischen dem 20. und dem 26. Juni gefeiert. Seit dem Spätmittelalter wird mit viel Gesang um den mit Zweigen und Blumen geschmückten Maibaum, namens „majstång“ getanzt. Der Begriff geht auf das Verb „maja“ zurück und bedeutet so viel wie „mit Blumen schmücken“. Daher ist das Pflücken von Blumen ein wesentlicher Bestandteil des Mittsommerfestes. Den Pflanzen werden unter anderem besondere Kräfte zugeschrieben. Bei jungen Frauen hat sich zudem der Brauch etabliert, schweigend sieben verschiedene Sorten Blumen zu pflücken, die unter das Kopfkissen gelegt werden. Im Traum soll ihnen dann der zukünftige Ehemann begegnen.
Aber auch Blumenkränze werden aus der Blütenpracht gebastelt, die als Kopfschmuck im Haar getragen werden und für Wiedergeburt sowie Fruchtbarkeit stehen. Traditionell werden zudem weiße Kleider und Trachten getragen. Wie an jedem wichtigen Feiertag dreht sich auch an Mittsommer alles ums Essen und Trinken: Es werden eingelegte Heringe, neue Kartoffeln und Erdbeeren serviert. Dazu wird traditionell Aquavit ausgeschenkt.
Mittsommer in Finnland
„Juhannus“ feiern die finnischen Landsleute ebenfalls am Samstag zwischen dem 20. und dem 26. Juni eines Jahres mit Nachtkonzerten und Tanzveranstaltungen. Die Feierlichkeiten werden zu Ehren der Gottheit Ukko (Gott des Wetters, der Ernte und des Donners) an Uferplätzen mit mitgebrachtem Essen und speziell für diesen Anlass gebrautem Bier ausgetragen. Lärmen und Trinken soll nach Volksglauben Glück bringen und die schlechten Geister vertreiben. Je mehr getrunken wird, desto besser soll die Ernte ausfallen.
Traditionell werden große Feuer an Stränden und auf Lichtungen entfacht und die Häuser mit Birkenzweigen und Blumen dekoriert. In schwedischsprachigen Gebieten hat sich außerdem auch die Tradition des Maibaums durchgesetzt. Darüber hinaus ist Mittsommer ein beliebter Termin für Hochzeiten und gleichzeitig der einzige Tag im Jahr, an dem die finnische Flagge auch nachts gehisst bleiben darf.
Mittsommer in Dänemark
Ein uraltes an der Westküste in Dänemark praktiziertes Mittsommer-Ritual ist, dass zur Feier des Tages lokale politikbetreibende oder kunstschaffende Personen zur Eröffnung eine kleine Rede halten. Im Anschluss wird ein Feuer entzündet und eine Strohhexe verbrannt, um symbolisch Böses zu vertreiben. Zudem singen alle gemeinsam das dänische Lied „Vi elsker vort land“ (Midsommervisen) von Holger Drachmann. Vielerorts finden darüber hinaus Fackel- und Laternenumzüge statt.
Tipp: Eine weitere dänische Besonderheit ist Hygge. Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, können wir Ihnen unseren Artikel Was ist Hygge empfehlen.
Mittsommer in Lettland
Genauso wie in allen baltischen Ländern findet die Mittsommernacht auch in Lettland in der Nacht zum 24. Juni statt, dem Namenstag Johannes des Täufers und wird daher seit der Christianisierung „Jani“ genannt. Gefeiert wird meist privat im Kreise der Familie, doch es gibt auch einige öffentliche Veranstaltungen. Auch bunte Blumenkränze werden geflochten und Blumensträuße gebunden, um das Böse fernzuhalten. Junge Liebespaare suchen im Wald nach der Farnblüte, die Glück bringen soll, wenn sie von Liebenden entdeckt wird, und für die hohe Geburtenrate im März verantwortlich sei.
Vor Sonnenuntergang werden lodernde Feuer entfacht, um alles Übel zu vertreiben. Wenn diese weitesgehend niedergebrannt sind, springen Wagemutige darüber hinweg. Spezielle Volkslieder, deren Refrain mit „Ligo, ligo“ beginnt, sind über die ganze Nacht hinweg zu hören. Traditionell gibt es hier an Mittsommer Kümmelkäse und Bier. Der Volksglaube besagt, dass niemand in dieser Nacht vor Sonnenaufgang schlafen gehen darf, um nicht das ganze Jahr über träge zu sein.
Mittsommer in Estland
Auch in Estland dreht sich Mittsommer, auf Estnisch „Jaanipäev“, rund um den Johannistag. Traditionell markiert der Tag danach den Beginn der Heuernte. Zentrales Element aller Mittsommerfeste in Estland ist das Johannesfeuer, an dem gesungen, getanzt und Märchen erzählt werden, um Dämonen abzuwehren und alles Böse zu verscheuchen. Es soll beispielsweise vor Viehschäden schützen, während das Verbrennen von Strohpuppen gegen Hagelschäden schützen soll. Ist das Feuer heruntergebrannt, springen die Leute auch hier über das Feuer, um in der Zukunft Reichtum zu erlangen. Hand in Hand mit der geliebten Person gilt es als eine Art Versprechen. Auch die Suche der Farnblüte hat sich hier etabliert. Je nach Gegend sind zudem estnische Trachten zu sehen und es wird darin mit Fackeln um das Feuer gelaufen.
Mittsommer in Spanien
In Spanien treffen sich an Mittsommer die in Küstennähe lebenden Menschen am Strand oder auf einer Küstenstraße. Dort beginnen schon zur Mittagszeit die Festlichkeiten und dauern bis zum Sonnenaufgang am nächsten Tag. Traditionell werden Lagerfeuer entfacht und es wird gemeinsam gegrillt. Genau um Mitternacht springen alle singend und feiernd ins Wasser und begrüßen auf diese Weise die Sommersonnenwende.
Mittsommer in Osteuropa
Nach dem gregorianischen Kalender wird Mittsommer unter dem Namen Iwan-Kupala-Tag in einigen anderen osteuropäischen Staaten, wie Belarus und der Ukraine, am 7. Juli und in Polen am 24. Juni gefeiert. Viele Riten stehen in Verbindung mit dem Wasser, dem Feuer, den magischen Kräften von Pflanzen und Selbstreinigung. Es ist Brauch, dass junge Frauen mit Kerzen bestückte Blumenkränze in Flüsse legen und abhängig von der Richtung, in die sie treiben, die Zukunft vorhersagen können. Auch hier sind das Feuerspringen und das Suchen der Farnblume, die nur in dieser Nacht blüht und hilft, verborgene Schätze in der Erde zu finden, üblich.
Dort, wo es zelebriert wird, ist Mittsommer ein Fest der Freude, das Freunde, Familie und durchaus auch fremde Menschen zusammenbringt und mit verschiedenen Mittsommer-Ritualen gefeiert wird. Auf diese Weise verbindet es Menschen unterschiedlichster Kulturen miteinander und ist jedes Jahr aufs Neue ein tolles Ereignis!
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.