Urban Mining bedeutet so viel wie „Rohstoffabbau in der Stadt“, doch oft wird es eher sinngemäß mit „Kreislaufwirtschaft“ übersetzt. Der Gedanke dabei ist, so viele Rohstoffe wie möglich wiederzuverwenden (Re-Use). Bei vielen Produkten passiert dies oft schon, doch besonders bei langlebigen Gütern wie Elektrogeräten, Autos, Gebäuden, Ablagerungen auf Deponien etc. werden viele der eingesetzten Rohstoffe am Ende als Müll deklariert. Dabei ließe sich der Nutzungshorizont oft noch erweitern oder sich noch Sekundärrohstoffe gewinnen. Alles zur Urban Mining erfahren Sie in diesem Artikel.
Lesezeit: 3-4 Minuten
Inhalt:
Ein Großteil von unseren Rohstoffen wird recycelt und wiederverwertet und deswegen ist eine sorgfältige Mülltrennung sehr wichtig. Doch in Städten gibt es oft noch ungenutzte Potenziale. Zum Beispiel werden Häuser am Ende ihrer „Lebenszeit“ meist abgerissen, ohne die vorher verbauten Materialien weiter zu nutzen.
Der Unterschied von Urban Mining zu Recycling ist, dass Recycling Wiederverwertung bedeutet, also z.B. Rohstoffe einzuschmelzen und daraus etwas Neues zu erstellen. Bei Urban Mining geht es aber eher um den Re-Use, also die Wiederverwendung von bereits vorhandenen Rohstoffen, wobei die Grenzen zwischen Urban Mining und Recycling auch verschwimmen.
Besonders im urbanen Raum gibt es viele Rohstoffe, die wiederverwendet und genutzt werden können. Nachfolgend finden Sie einige Urban-Mining-Beispiele:
1) Urban Mining auf Mülldeponien
Das beste Beispiel für Urban Mining ist die Nutzung von Mülldeponien als „Rohstoffquelle“. Dies ist auch als „Landfill Mining“ bekannt.
2) Urban Mining von Klärschlamm
Selbst aus Klärschlamm von Kläranlagen lassen sich noch wertvolle Rohstoffe ziehen. Im Klärschlamm sind Schadstoffe und Wertstoffe vereint, die durch ein komplexes Verfahren fachgerecht entsorgt bzw. gewonnen werden müssen. Häufig wird dabei mithilfe von Kraft-Wärme-Kopplung wie in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme erzeugt, die genutzt werden kann.
Im Klärschlamm befinden sich vor allem große Mengen an Phosphor. Phosphor ist ein chemisches Element und ein wichtiger Rohstoff, da es für die Biologie des Menschen sowie für das globale Ökosystem unverzichtbar ist. Es gibt eine Menge Phosphor auf der Welt, doch letztlich ist es auch ein Rohstoff, der nur begrenzt vorhanden ist. Wie bei allen anderen Sekundärrohstoffen auch ist die Wiederverwertung dieses Rohstoffes deshalb enorm wichtig.
Übrigens: Phosphor lässt sich u.a. in Bildschirmen finden. Darin sind viele wichtige Rohstoffe enthalten, die es genau wie Phosphor zu schützen gilt. Lesen Sie in unserem Artikel Was sind Seltene Erden? noch mehr darüber oder erfahren Sie, wie Sie alte Handys & Laptops richtig entsorgen können.
3) Urban Mining von alten Gebäuden
Oft werden alte Gebäude einfach abgerissen und die verwendeten Baustoffe bleiben ungenutzt. Das liegt daran, dass Klebeverbindungen oder Vermischungen beim Bauen eingesetzt werden. Oft werden auch Informationen wie z.B. Zusammensetzung und Lebensdauer der verwendeten Baustoffe bei Gebäuden in den dafür vorgesehenen Materialpässen nicht dokumentiert.
Dabei ist eine Wiederverwendung von Baustoffen äußerst ressourcenschonend und umweltfreundlich. Doch ohne entsprechende Informationen über das Gebäude, lässt sich das nur schwer realisieren. Um dafür Abhilfe zu schaffen, wurde die BIM-Methode entwickelt.
BIM steht für „Building Information Modeling“ und kann mit „Gebäudedatenmodellierung“ übersetzt werden. Dabei geht es um eine Digitalisierung von Gebäudeinformationen sowie Planung mithilfe von Softwareprogrammen. Alle wichtigen Daten wie verbaute Rohstoffe, Herstellungsunternehmen, Lebensdauer etc. werden mit einem digitalen Zwilling vor Bau dort abgebildet.
Vorteile von Urban Mining
Herausforderungen von Urban Mining
Tipp: Falls Sie neben dem Urban Mining noch mehr über Pflanzen im städtischen Raum, also dem Urban Gardening, erfahren möchten, haben wir den passenden Artikel für Sie.
Die Idee vom Cradle-to-Cradle-Prinzip geht sogar noch einen Schritt weiter als Urban Mining und die BIM-Methode, denn hier ist der Vorsatz, dass es überhaupt keinen Abfall geben soll und alle Rohstoffe nach ihrer Nutzung zu 100% in den Kreislauf zurückgeführt werden können.
Übersetzt bedeutet Cradle to Cradle so viel wie von der Wiege zur Wiege. Inspiriert ist diese Idee von der Natur, da auch die Natur eine Kreislaufökonomie: Was für das eine Lebewesen Abfall ist, ist Nährstoff für andere. Lediglich der Mensch fällt aus diesem Kreislauf heraus, denn er nimmt sich mehr aus der Natur, als er wieder zurückführt. Das C2C-Prinzip ist nicht neu, denn es existiert schon seit den 1990er Jahren und wurde von Prof. Dr. Michael Braungart und dem Amerikaner William McDonough in Hamburg entwickelt.
Im Zentrum vom Cradle to Cradle stehen zwei Kreisläufe namens Biosphäre und Technosphäre, sowie drei Arten von Gütern: Verbrauchsgüter, Gebrauchsgüter und Güter, die nicht mehr verwertet werden können.
1) Verbrauchsgüter (Biosphäre)
Die Biosphäre beschreibt den optimalen Kreislauf für Verbrauchsgüter. Es wird ein natürliches Produkt hergestellt, welches verbraucht wird und dann 100% biologisch abbaubar an die Natur zurückgeführt wird. Verbrauchsgüter sind z.B. Textilien aus natürlichen Fasern oder Nahrungsmittel.
2) Gebrauchsgüter (Technosphäre)
Die Technosphäre beschreibt den optimalen Kreislauf für Gebrauchsgüter. Es wird ein technisches Produkt hergestellt, welches nicht verbraucht, sondern benutzt wird, verschleißt und dann vom Herstellungsunternehmen zurückgenommen, demontiert und wiederverwendet werden kann – so zumindest die Theorie vom Cradle-to-Cradle-Prinzip. Dafür müssen Gebrauchsgüter sortenrein trennbar und aufgelistet sein, ähnlich wie beim Urban Mining. Eine Möglichkeit wäre hierfür, wenn Herstellende ihre Produkte vermieten und nach der „Gebrauchszeit“ wieder zurücknehmen und wiederverwerten.
3) Güter, die nicht mehr verwertet werden können
Güter, die nicht mehr verwertet werden können, sollten schnellstmöglich ersetzt werden, da sie keinen Nutzen in der Natur finden und ein reines Abfallprodukt sind.
Die Ideen von Prof. Dr. Braungart und seinen Kollegen verlangen Beteiligten einiges ab, aber tatsächlich setzen Unternehmen die Vorschläge teilweise schon um und erhalten dafür sogar eine Verifizierung von Cradle to Cradle.
Sowohl Urban Mining als auch das Cradle-to-Cradle-Prinzip liefern neue Ansätze für ein komplexes und anhaltendes Problem: Was tun mit alten und benutzten Rohstoffen? Eingesetzte Rohstoffe lassen sich nicht immer recyceln und landen dann oft auf dem Müll. Müllverwertungsanlagen können teilweise Abhilfe schaffen, doch für Güter, die nicht mehr verwertet werden können, gibt es noch keine nachhaltige Lösung.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.