Um Fortpflanzung, Nahrungssuche und Überwinterung sicherzustellen, müssen viele Fischarten durch Flussläufe wandern – flussaufwärts und -abwärts. Doch dabei gibt es neben der Strömung weitere Hindernisse wie Dämme oder Wehre, die die Wanderfische auf ihrem Weg beeinträchtigen. Damit die Fische ihre Wanderung trotzdem fortführen können, gibt es sogenannte Fischtreppen, auch Fischschleuse, Fischleiter oder Fischaufstieg genannt. Wir zeigen Ihnen, wie Fischtreppen funktionieren, welche Varianten der Fischwanderhilfe es gibt und warum sie so wichtig sind.
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Die Funktionsweise von Fischtreppen ist sehr simpel und lässt sich grundlegend in folgende zwei Schritte unterteilen:
1. Schritt: Lockströmung
Um die Aufstiegshilfe benutzen zu können, müssen die Fische sie erst einmal finden. Deshalb ist die sogenannte Leit- bzw. Lockströmung eine der wichtigsten Funktionen von Fischtreppen. Sie kommt den Fischen aus der Fischtreppe entgegen und soll dafür sorgen, dass die Fischtreppe als natürlicher Flusslauf wahrgenommen wird. Teilweise muss die Lockströmung dafür noch künstlich verstärkt werden. Mithilfe von Turbinen lässt sie sich nebenbei auch zur Energieerzeugung nutzen.
2. Schritt: Aufstieg
Je nach Art der Fischaufstiegshilfe unterscheidet sich dieser Schritt, denn Fischaufstiegsanlagen gibt es nicht nur als klassische Fischtreppe, sondern z.B. auch als Fischlift. Der Aufstieg der klassischen Fischtreppe besteht jedoch aus mehreren aufeinanderfolgenden Becken. Diese sind nicht komplett voneinander abgetrennt, sondern haben eine oder mehrere Spalten, durch die die Fische hindurchschwimmen können. Jedes dieser Becken liegt etwas höher als das vorige, sodass die Tiere den Höhenunterschied in vielen kleinen Abschnitten bewältigen und Ruhepausen einlegen können.
Fischtreppen können unterschiedlich konzipiert sein und werden auf die am Standort vorherrschenden Bedingungen angepasst. Die folgenden Arten sind die gängigsten Fischleitern:
1. Beckenartige Fischtreppen
Wie bereits oben erklärt, erfolgt bei einer beckenartigen Fischtreppe die Überwindung des Höhenunterschieds durch mehrere Wasserbecken, die nicht komplett durch Trennwände abgetrennt sind. In der Regel sind die Wasserbecken mäanderförmig angeordnet – sie bilden also ein Zick-Zack. Zusätzlich erwähnenswert ist, dass die Strömung durch die Konzipierung der Treppe in den einzelnen Becken abgeschwächt und damit den Fischen der Aufgang erleichtert wird.
2. Gerinneartige Fischtreppen
Gerinneartige Fischtreppen, auch Fischpässe oder Fischwege genannt, sind wie ein kompakt fließendes Gefälle konzipiert – sie fungieren also wie eine Art Rampe. Mithilfe von Störkörpern wie Steinen oder Borsten im Fischpass wird die Flussströmung verringert, wodurch die Fische auch hohe Gefälle überwinden können. Dieser Typ wird überwiegend für erwachsene Fischarten eingesetzt, da sich junge Fische damit schwertun.
3. Schleusenartige Fischtreppen (Fischlift)
Teilweise ist das Gefälle dennoch zu stark oder es gibt gar keine Möglichkeit für eine Fischtreppe, weil der Fluss z.B. durch die Staumauer eines Staudamms komplett unterbrochen ist. Dann hilft nur noch ein Fischlift. Bei einem Fischlift werden die Fische durch eine künstlich erzeugte Leitströmung in ein Wasserbecken gelockt. In diesem Becken befindet sich ein Reusenkorb, mit dem die Fische regelmäßig nach oben gefahren und vorsichtig im Oberwasser ausgekippt werden. Der Fischlift ist also wie eine Schiffsschleuse, nur als Fischschleuse.
Tipp: Falls Sie mehr über Schleusen und berühmte Schleusenkanäle erfahren möchten, können wir Ihnen unseren Beitrag Wie funktioniert eine Schleuse? empfehlen.
4. Fischaufstiegsschnecke
Eine Fischaufstiegsschnecke ist ein großes Rohr mit innen liegenden Windungen, ähnlich wie eine archimedische Schraube, mit deren Hilfe die Fische in das Oberwasser transportiert werden können. Durch die Drehung der Schraube gelangen die Fische zusammen mit Flusswasser sicher in diese hinein und werden ähnlich wie beim Fischlift auf die höhere Ebene gefahren. Diese Fischaufstiegsanlagen können zusätzlich mit einer Wasserkraftschnecke für Stromerzeugung kombiniert werden.
Übrigens: Auch der artenkonforme Abstieg der Tiere muss geregelt sein, damit die Tiere nicht in die Turbinen von Wasserkraftwerken gezogen werden und verenden.
Um die Durchgängigkeit der Fließgewässer für Wanderfische wie Stör, Lachs, Aal und Co. zu gewährleisten, sind Fischtreppen unerlässlich. Denn speziell zur Laichzeit müssen die Fische etliche Kilometer zurücklegen, um ihre Laichplätze zu erreichen. Doch Flusssperren beeinflussen diese freie Durchgängigkeit und schränken die Wanderungen der Tiere ein.
Dies kann zu einem Rückgang der Population führen, was das ökologische Gleichgewicht der Wasserfauna stört. Dies führt dann nicht nur zur einer Überpopulation der Beutetieren, sondern sorgt auch dafür, dass die Fressfeinde der Fische weniger Nahrung finden. Gleichzeitig kann sich dies auch ökonomisch auf die Ausbeute beim Fischfang auswirken.
Fischtreppen sind also wichtig, um die Wanderung der Fische zu ermöglichen und die Einschränkung der Fischpässe so gering wie möglich zu halten.
Die Fischtreppe Geesthacht wurde 2010 eröffnet und spielt eine zentrale Rolle bei der Fischwanderung in der Elbe. Sie ist die größte Fischtreppe Europas und ermöglicht den Fischen, das Wehr in Geesthacht zu passieren, welches seit 1960 den Wasserstand reguliert. Die Fischtreppe umfasst ganze 50 Becken, die alle 16 Meter breit und 9 Meter lang sind. Die Fischaufstiegshilfe erstreckt sich über 550 Meter und überbrückt dabei einen Höhenunterschied von 4,5 Metern.
Besonderheiten der Fischtreppe Geesthacht
Um flussaufwärts zu laichen, nutzen jährlich um die 500.000 wandernde Fische diese Passage – darunter Arten wie der Europäische Aal oder das Flussneunauge. Damit trägt die Fischtreppe Geesthacht maßgeblich zum Erhalt sowie zur Wiederansiedlung gefährdeter Fischarten bei.
Fischtreppen helfen dabei, das ökologische Gleichgewicht in den Flüssen trotz menschlicher Eingriffe möglichst wenig zu beeinträchtigen und unterstützen Wanderfische und andere Wassertiere bei der Wanderung. Übrigens gibt es auch beim Bremer Weserkraftwerk eine Fischwanderhilfe für den Auf- und Abstieg der Tiere. Zusätzlich gibt es am Ende der Kleinen Weser in Bremen eine Fischtreppe, die den Werdersee und die Weser für die Fische miteinander verbinden.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.