Abwasserwärmerückgewinnung ist ein technisches Verfahren, bei dem die im Abwasser enthaltene Wärme durch Wärmetauscher und Wärmepumpen nutzbar gemacht wird. Das Abwassernetz wird somit zum Abwärmesammelnetz für Fernwärme. Da täglich große Mengen an Abwasser anfallen, die in der Regel ungenutzt in die Kanalisation fließen, stellt das Abwasser eine unerschöpfliche Energiequelle dar. Um die Wärme des Abwassers zu nutzen, wurden in Europa bereits über 100 Anlagen errichtet – die größte davon im Stuttgarter Neckarpark. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie die Energiegewinnung aus Abwasser funktioniert.
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Inhalt:
Um Wärme aus Abwasser zu gewinnen, wird an geeigneten Stellen in der Kanalisation ein Abwasserwärmetauscher eingebaut. Dieser wird mit dem warmen Abwasser (ca. 20-35° C) umspült – seltener durchspült – und überträgt diese Wärme auf das kalte Wasser (ca. 10° C) aus einem anderen Wasserkreislauf.
Das so aufgewärmte Wasser fließt zu einer speziellen Abwasserwärmepumpe, die das aufgewärmte Wasser auf das gewünschte Temperaturniveau hebt, um Gebäude aufzuheizen. Dabei können schon wenige Grad Wassererwärmung einen großen Unterschied machen und den Energieverbrauch erheblich senken.
Durch die Nutzung des Abwassers steht eine alternative Energiequelle für das ganze Jahr zur Verfügung. Denn zur warmen Jahreszeit lässt sich das Prinzip einfach umdrehen und der Wärmepumpenkreislauf kann genutzt werden, um Gebäude zu kühlen.
Tipp: Noch mehr über die Funktionsweise von Wärmepumpen erfahren Sie in unserem Artikel Wie funktioniert eine Wärmepumpe. Mehr über die Vorteile, eine Wärmepumpe zu mieten, finden Sie unter swb Wärmepumpen.
Theoretisch lässt sich ein Wärmetauscher für Abwasser überall installieren, wo Abwasser entsteht. Doch besonders geeignet für die Abwasserwärmenutzung sind z.B. Industriegebäude, Wohnsiedlungen, Schulen, Schwimmbäder, Sportheime etc. Meist werden Abwasserwärmetauscher an den folgenden drei Orten eingebaut:
Abwasserwärmerückgewinnung – Kläranlage
Das Gute beim Einbau eines Wärmetauschers bei einer Kläranlage ist, dass stets genügend Abwasser zur Verfügung steht. Trotzdem ist diese Art der Wärmerückgewinnung für Abwasser nicht ideal, denn egal, ob die Abwasserwärmenutzung beim Einlauf oder Auslauf der Kläranlage stattfindet – beides hat seine Nachteile.
Nach der Kläranlage ist das geklärte Wasser deutlich kälter und somit weniger effektiv. Vor der Kläranlage wird dem Abwasser durch den Wärmetauscher teilweise zu viel Wärme entzogen, sodass die Nitrifikation bzw. Denitrifikation der Kläranlage negativ beeinflusst werden kann.
Tipp: Haben Sie sich auch schon mal gefragt, wie das Abwasser wieder sauber wird? Alles zu dem Thema erfahren Sie in unserem Artikel Kläranlage – Aufbau & Funktionsweise.
Abwasserwärmerückgewinnung – Kanalisation
In der Kanalisation wird der Wärmetauscher für Abwasser in der Regel in die Sohle des Abwasserkanals oder in einem Bypass – parallel zum Kanal – installiert. Sinnvoll sind beide Maßnahmen jedoch erst, wenn durch den Rohrabschnitt genug Abwasser fließt, da nur dann genug Energie gewonnen werden kann.
Der Nachteil beim Einbau in der Kanalisation ist, dass sich Feststoffe des noch nicht geklärten Abwassers am Wärmetauscher sammeln und so Leitungen verstopft werden können.
Vorteilhaft ist dagegen, dass das durch die Wärmepumpe abgekühlte Abwasser sich auf seinem Weg zur Kläranlage durch das Erdreich wieder erwärmen kann und somit der Einfluss auf die Klärprozesse geringgehalten werden kann.
Abwasserwärmerückgewinnung – Wohnhäuser & Industriegebäude
Da das im Haus produzierte Abwasser im Vergleich zu den anderen beiden Varianten am wärmsten ist, kann hier Wärme auf einem hohem Temperaturniveau entzogen werden. Mit einem Wärmetauscher im Abfluss der Dusche, Badewanne, Waschmaschine, Geschirrspüler o. Ä. und einer entsprechenden Abwasserwärmepumpe kann eine Menge Energie gespart werden.
Dies passiert z.B. mit einem Fallleitungswärmetauscher. Bei diesem wird der Abfluss mit einem dünnen, spiralförmigen Rohr umgeben, das die Wärme aufnimmt und speichert. Da bei diesem Prinzip das Abwasser weder umgeleitet, gespeichert noch behandelt wird, entfällt die regelmäßige Wartung und es kann zu keiner Verstopfung der Leitungen kommen.
Allerdings sind die Abwassermengen im Vergleich zu den vorher genannten Standorten sehr gering, weshalb ein solches Vorgehen eine Individuallösung darstellt, für größere Fernwärmenetze ist diese Variante jedoch nicht praktikabel.
Es ist wichtig zu beachten, dass ein System, welches aus Abwasser eine Wärmerückgewinnung erzielt, umso effizienter arbeitet, je höher die Temperaturen des Abwassers und je tiefer die Vorlauftemperaturen des Heizsystems sind.
Vorteile
Nachteile
Übrigens: Abwasserwärmerückgewinnung ist nichts Neues, sondern existiert bereits seit mehreren Jahrzehnten. So nutzen die Stadtwerke Waiblingen bereits seit 1986 Wärme aus dem gereinigten Abwasser ihrer Kläranlage. Dank der Abwasserwärmenutzung wird dort ein Wärmenetz unterstützt, das 24 Gebäude beheizt. Die gewonnene Energie aus dem Abwasser deckt dort immerhin fast 15 % des Energiebedarfs ab.
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