Menschen interagieren tagtäglich miteinander, doch manchmal wissen wir nicht so genau, wie wir uns in einer bestimmten Situation verhalten sollen – genau dafür gibt es Knigge. Durch Knigge werden höfliche Umgangsformen für gesellschaftliches Verhalten festgelegt. So gibt es Benimmregeln für Dating, Essengehen, E-Mails, Business, Geburtstage, Smartphone-Nutzung bei Gesprächen etc. Doch was heißt Knigge eigentlich? Welche allgemeinen Höflichkeitsregeln sollten Sie beachten? Und was gehört laut Business-Knigge zu den Verhaltensregeln am Arbeitsplatz?
Inhalt:
Auch wenn im Allgemeinen Benimmregeln als Knigge bezeichnet werden, so ist Knigge eigentlich ein Name. Adolph (irrtümlich auch oft: Adolf) Freiherr Knigge war ein deutscher Verfechter der Aufklärung und Schriftsteller. 1788 veröffentlichte er das Werk „Über den Umgang mit Menschen“, in dem er unter anderem Anweisungen für höfliches Verhalten in bestimmten Situationen gab. Tatsächlich handelte es sich bei dem Werk aber nicht primär um ein Benimmbuch, sondern um soziologische Beobachtungen im Sinne der Aufklärung. Von 1790 an lebte er in der Hansestadt Bremen, wo er 1796 im St.-Petri-Dom der Stadt beigesetzt wurde.
Dennoch wird bis heute der Name Knigge mit Benimmregeln in Verbindung gebracht. Es ist wichtig anzumerken, dass Knigge keine festgeschriebenen Regeln, sondern eher ein durch die Gesellschaft geprägter Maßstab für gutes Benehmen und den Umgang miteinander ist. Dieser ist von Kultur zu Kultur unterschiedlich, aber er kann dabei helfen, sich im Alltag, im Freundeskreis und auf Arbeit angemessen zu verhalten.
Übrigens: Knigges vollständiger Name ist Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge. Hin und wieder wird ihm als Adolph Freiherr von Knigge das Adelsprädikat „von“ zugeschrieben, was seine Familie jedoch nie im Namen hatte.
Wenn Sie in der Öffentlichkeit höflich sein möchten, sollten Sie folgendes beachten: Stets zu grüßen bzw. jemandem Abschied zu sagen, Bitte und Danke nicht zu vergessen und sich bei Fehlern oder Missgeschicken zu entschuldigen – das sind absolute Knigge-Basics. Weniger einfach wird es bei konkreten Situationen im Alltag, wo nicht ganz klar ist, was von einem erwartet wird.
1. Tür aufhalten
Früher galt, dass der Mann für die Frau die Tür öffnet und aufhält. Heutzutage spielt es keine Rolle mehr, wer wem die Tür aufhält, freundlich ist es so oder so. Zusätzlich sollten Sie immer, wenn Sie z.B. einen Raum oder ein Geschäft betreten, nach hinten schauen und die Tür an die nachfolgende Person übergeben.
2. Platz anbieten
Falls Sie einen Sitzplatz in der Bahn oder dem Zug haben und es sehr voll wird, zeugt es von großer Aufmerksamkeit, wenn Sie Ihren Sitzplatz Bedürftigeren anbieten. Besonders ältere Personen, Verletzte Personen oder Schwangere werden dafür sehr dankbar sein.
3. Trinkgeld geben
Der Knigge ist besonders in Bezug auf Trinkgeld viel diskutiert, da es hier oft auf die Branche und den erhaltenen Service ankommt. Hinzu kommt, dass Trinkgeld, wenn auch oft als selbstverständlich angesehen, kein Muss ist. In einem Hotel bekommt der Zimmerservice 2 bis 5 €. Für die Garderobe geht alles ab 50 Cent Trinkgeld. In einem Restaurant gelten standardmäßig 5-10 % Trinkgeld. Bei Taxifahrten gelten laut Knigge 10 % Trinkgeld.
4. Handynutzung beachten
Lautes Telefonieren in der Bahn, Handyklingeln im Theater und ständige Blicke aufs Handy während eines Gesprächs? All das ist unhöflich und entspricht nicht dem Handy-Knigge. Im Kino, beim Gottesdienst, auf Beerdigungen, auf Konferenzen etc. sollte das Handy auf lautlos in der Hosentasche sein. Hier sei auch noch erwähnt, dass Sie sich am Handy genauso wie am Haustelefon mit Ihrem vollen Namen oder zumindest Ihrem Nachnamen melden sollten.
5. Unangekündigte Besuche/Anrufe
Auch wenn dies als nette Geste gemeint ist, so ist es laut Knigge eher unhöflich, ohne Ankündigung vorbeizukommen. Denn bei einem Besuch ohne Vorwarnung geben Sie der anderen Person keine Chance, sich darauf einzustellen. Ähnlich verhält es sich mit spontanen Anrufen. Schreiben Sie der Person mind. 30 Minuten vor Ihrem Besuch oder Anruf eine Nachricht.
6. Öffentliches Streiten
Die Öffentlichkeit ist nicht der richtige Ort, um Streitereien oder persönliche Dispute auszutragen. Machen Sie keine Szene, sondern warten Sie ab und klären Sie das Problem zuhause unter vier Augen.
Nach dem Niesen Gesundheit zu wünschen, ist höflich – oder nicht? Der Niesen-Knigge ist diesbezüglich tatsächlich nicht ganz eindeutig. Denn es obliegt jeder Person selbst, ob sie einer anderen Person „Gesundheit!“ wünscht oder nicht. Im Freundeskreis und bei der Familie gilt es als höflich, „Gesundheit!“ zu wünschen.
Auf der offenen Straße ist es eher unüblich und im Büro beispielsweise bei Meetings sollte darauf verzichtet werden. Nach dem Niesen können Sie „Entschuldigung!“ sagen. Klar ist jedoch, dass Sie stets in die Ellenbeuge niesen sollten – laut Knigge in die linke, da Sie mit der rechten Hand Leute begrüßen.
Tipp: Besonders zu Corona-Zeiten ist das Händeschütteln vermehrt zurückgegangen. Oft wurde es komplett übersprungen, Begrüßungen mit dem Ellenbogen bevorzugt oder sich – primär im privaten Kontext – mit der Faust begrüßt.
Der Knigge am Arbeitsplatz ist nochmal eine ganz andere Sache als im privaten Raum oder der Öffentlichkeit. Wer die richtigen Umgangsformen am Arbeitsplatz beherrscht, sorgt für einen guten Eindruck, tritt professionell auf und macht sich beliebt. Hier finden Sie ein paar Regeln zum Knigge fürs Büro:
1. Pünktlichkeit
Wer zu spät auf Arbeit erscheint, fällt negativ auf und kann für Unmut im Kollegium sorgen. Seien Sie daher stets pünktlich bei der Arbeit und bei Terminen. Hier gilt: lieber 5 Minuten zu früh als 2 Minuten zu spät.
2. Zuverlässigkeit
Es ist wichtig, dass sich Ihre Vorgesetzten, Mitarbeitenden und auch Ihre Kundinnen und Kunden* auf Ihr Wort verlassen können. Seien Sie zuverlässig und machen Sie nur Terminzusagen, die Sie auch einhalten können.
3. Kleidung
Der Business-Knigge für Kleidung ist je nach Arbeitsplatz unterschiedlich. In der Regel gilt für Männer Hemd und Anzug und für Damen Bluse und Blazer. Am besten fragen Sie vor Ihrer Anstellung nach oder orientieren sich an der Kleidung der anderen.
4. Begrüßung
Bevor Sie einen Raum betreten, klopfen Sie an die Tür und warten auf eine Antwort. Wer einen Raum betritt, sollte laut Business-Knigge die Anwesenden begrüßen – nicht umgekehrt. Die Begrüßung sollte der absteigenden Rangordnung nach erfolgen. Kennen Sie die Rangordnung nicht, so begrüßen Sie die Anwesenden einfach der Reihe nach – Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Je nach Kultur ist die Knigge bei der Begrüßung anders, in Deutschland wird sich in der Regel mit einem firmen Händedruck der rechten Hand begrüßt.
5. Sitzplatz & Getränk anbieten
Haben Sie eine Kundin oder einen Kunden* zu Gast, bieten Sie ihr oder ihm einen Sitzplatz an. Zusätzlich sollten Sie fragen, ob die Person ein Glas Wasser oder einen Kaffee trinken möchte – das gehört zur guten Umgangsform und zeigt, dass Sie aufmerksam sind. Ebenso können sie die Person oder Personen vorher fragen, ob sie gut hergefunden haben.
6. Distanz wahren
Für ein souveränes Auftreten gehört es sich, dass Sie in Meetings und bei Treffen den Personen nicht zu nahe treten – sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinne. Da dies schnell als unangenehm empfunden werden kann, sollten Sie keine privaten Fragen stellen und einen angemessenen Abstand halten. Als Business-Etikette gelten 50 bis 100 cm Abstand.
7. Handy-Knigge
Außerdem sollten Sie während eines Meetings ihr Handy in der Tasche behalten und es auf stumm stellen. Wenn die ganze Zeit das Handy aufleuchtet, vibriert oder klingelt, ist es unhöflich und lenkt alle Beteiligten ab. Falls Sie auf einen wichtigen Anruf warten, sollten Sie dies allen Beteiligten am Anfang mitteilen und sich, sobald der Anruf eingeht, entschuldigen und für die Zeit des Telefonats leise den Raum verlassen.
Tipp: Smartphones sind heute gang und gäbe, doch was ist die Geschichte hinter den kleinen Supercomputern? Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, können wir Ihnen unsere Artikel Das erste Handy und Das erste Smartphone empfehlen.
8. Kritik sachlich äußern & entgegennehmen
Niemand wird gerne auf Fehler und Schwächen angesprochen, aber bei der Arbeit gehört das dazu. Kritik sollte sachlich in einem Gespräch unter vier Augen geäußert und auch empfangen werden - es sei denn, es gibt eine andere Vereinbarung, etwa in einem Seminar oder Workshop. Vermeiden Sie öffentliche Bloßstellungen und fahren Sie auf keinen Fall bei Kritik aus der Haut – das ist unprofessionell.
Durch gute Tischmanieren werden Peinlichkeiten abgewendet und es lässt sich beim Gegenüber punkten. Egal, ob auf einem Date, beim Essen im Freundeskreis oder beim Geschäftsessen – Knigge zeigt Ihnen, wie Sie sich verhalten sollen. Die 11 wichtigsten Knigge-Regeln fürs Essen lauten:
1. Hinsetzen
Setzen Sie sich erst, sobald sich die gastgebende Person setzt.
2. Serviette
Legen Sie die Serviette in den Schoß.
3. Anfangen zu essen
Fangen Sie erst an zu essen, sobald die gastgebende Person anfängt. Auch den ersten Schluck Ihres Getränks sollten Sie erst nehmen, nachdem Ihr Gegenüber dies tut oder sich vor dem ersten Schluck zugeprostet wurde.
4. Wie wird das Glas gehalten?
Halten Sie Gläser mit Stiel an diesem fest. So wird das Getränk nicht erwärmt und es gibt keine Fettflecken am Bauch des Glases.
5. Messer & Gabel
Essen Sie stets mit Messer und Gabel. Die Gabel gehört in die linke und das Messer in die rechte Hand. Halten Sie das Besteck jeweils mit Daumen-, Zeige- und Mittelfinger und nicht mit der Faust. Sind Sie fertig, legen Sie das Besteck parallel zueinander über den Teller.
6. Armstellung
Halten Sie beide Arme, aber nicht die Ellenbogen, auf dem Tisch.
7. Mund zu!
Halten Sie Ihren Mund beim Kauen geschlossen und vermeiden Sie körpereigene Geräusche wie schmatzen, schlürfen, rülpsen, gähnen oder Ähnliches. Dies ist äußerst unhöflich!
8. Nachwürzen
Laut Knigge für Tischmanieren darf das Essen, nachdem Sie es probiert haben, nachgewürzt werden. Höflicher ist es jedoch, dies nicht zu tun.
9. Gräten, Kerne etc.
Fischgräten, Olivenkerne, Teebeutel o. Ä. legen Sie auf einem separaten Teller ab. Wurde keiner serviert, fragen Sie höflich nach.
10. Essen probieren
Es gehört sich, zumindest alle servierten Gerichte der gastgebenden Person einmal zu probieren. Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie etwas mögen, sollten Sie sich nur eine kleine Portion auftun. Grundsätzlich sollten Sie es vermeiden, Essen übrig zu lassen.
11. Abschied
Bevor Sie sich verabschieden, bedanken Sie sich für das leckere Essen und die Einladung.
Falls Sie es direkt am nächsten Tag bemerken, so entschuldigen Sie sich aufrichtig und wünschen einfach „Alles Gute nachträglich!“. Auch ein paar Tage nach dem eigentlichen Geburtstag ist es noch angebracht zu gratulieren. Ist der Geburtstag länger als eine Woche her, ist es eher unhöflich, so spät noch zu gratulieren.
Die Faustregel besagt, dass bis Mitte Januar ein „Frohes Neues!“ gewünscht werden darf. Danach ist dies nicht mehr nötig und eher unüblich, da das neue Jahr schon zu alt ist.
Das Bekunden von Beileid ist nie leicht und für viele eine schwierige Situation, doch eventuell hilft der Knigge zur Beerdigung. Schicken Sie der trauernden Person eine Trauerkarte, so sind aufrichtige und tröstende Worte angebracht. Laufen Sie der Person nach dem Trauerfall über den Weg oder sind auf der Beerdigung eingeladen, so können Sie etwas wie „Mein aufrichtiges Beileid!“ oder „Es tut mir leid!“ sagen, um Ihr Mitgefühl auszusprechen.
Der Umfang von Knigge-Benimmregeln ist immens und ändert sich auch im Laufe der Zeit. Doch die richtigen Umgangsformen strahlen im Alltag Höflichkeit und im Beruf Souveränität und Professionalität aus. Um also komische Blicke und negatives Auffallen zu vermeiden, sind Regeln eine gute Hilfe. Aber: Da es beim Knigge auf Kultur, die Beziehung der Personen untereinander und viele weitere Faktoren ankommt, sollten alle Knigge-Regeln mehr als Richtlinien statt als festgesetzte Regeln verstanden werden.
* Wir leben Diversität und heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Behinderung und Identität. Wir sind davon überzeugt, dass uns Vielfalt bereichert und im gemeinsamen Arbeiten voranbringt. Deshalb haben wir 2017 die Charta der Vielfalt unterzeichnet.